Abstimmungsverhalten zur Aufhebung der Immunität von Juliane Nagel

16. März 2016

Erklärung von Harald Baumann-Hasske, rechtspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion und Mitglied im Ausschuss für Geschäftsordnung und Immunitätsangelegenheiten, zum Abstimmungsverhalten der SPD-Fraktion:

Es gelten, nicht zuletzt zum Schutz der betrof­fenen Abge­ord­neten, klare Rege­lungen für Immu­ni­täts­an­ge­le­gen­heiten.

Die Immu­nität gegen­über einer Straf­ver­fol­gung ist in der Regel bei mut­maß­li­chen Straf­taten von Abge­ord­neten auf­zu­heben, denn Abge­ord­nete sind nach säch­si­schem wie ins­ge­samt nach deut­schem Recht keine pri­vi­le­gierten Bürger einer beson­deren Klasse.

Die Immu­nität der Abge­ord­neten soll ledig­lich ver­hin­dern, dass sie aus poli­ti­schen Gründen in beson­derer Weise einer Straf­ver­fol­gung unter­zogen und damit gehin­dert werden, ihrer par­la­men­ta­ri­schen Arbeit in geord­neter Form nach­gehen zu können.

Dem­zu­folge hat der Landtag bzw. der Aus­schuss nicht zu prüfen, ob eine Straftat begangen wurde und ob dafür Beweis­mittel vor­liegen. Er hat ledig­lich zu prüfen, ob das vor­ge­wor­fene Ver­halten eine Straftat dar­stellt und ob sich aus den Umständen Anhalts­punkte ergeben, dass die Abge­ord­nete durch die Straf­ver­fol­gung in der Aus­übung ihres Man­dates behin­dert und der Landtag in seiner Arbeit beein­träch­tigt werden soll.

Der Landtag hat zu bewerten, „…ob sein Inter­esse an der unge­störten Mit­ar­beit des betrof­fenen Land­tags­mit­glieds gegen­über anderen öffent­li­chen Belangen, beson­ders gegen­über dem Inter­esse an einer gleich­mä­ßigen und gerecht geübten Straf­rechts­pflege, über­wiegt.“

Der Landtag ist gehin­dert, Fest­stel­lungen und Wer­tungen zu treffen, die im Sinne der Gewal­ten­tei­lung aus­schließ­lich Auf­gaben des Gerichts und der Staats­an­walt­schaft sind. Er kann ledig­lich nach Anhalts­punkten suchen, die auf eine sach­wid­rige, poli­ti­sche Straf­ver­fol­gung schließen lassen.

Auch die Behand­lung im Plenum des Land­tages folgt den klaren Regeln der Geschäfts­ord­nung. Dass es dazu keine Aus­sprache gibt, dient dem Schutz der Abge­ord­neten.
Damit sind keine Wer­tungen zu der Frage ver­bunden, ob Sitz­blo­ckaden oder der Aufruf dazu nach Ver­samm­lungs­recht sinn­vol­ler­weise der Straf­ver­fol­gung unter­liegen oder nicht. Wir haben eine gel­tende Rechts­lage, die für alle gilt, für Abge­ord­nete nicht mehr und nicht weniger als für andere Bür­ge­rinnen und Bürger. Wer diese Rechts­lage ändern will, sollte dazu nicht das Ver­fahren über die Immu­nität wählen.

Die SPD-Frak­tion hat der Immu­ni­täts­auf­he­bung zuge­stimmt.