„Wir stärken den Landesbeauftragten und die Menschen, für die er arbeitet“

17. März 2016

+++ Gemein­samer Gesetz­ent­wurf von Grüne, CDU und SPD in den Landtag ein­ge­bracht +++ Demo­kra­ti­sche Bewusst­seins­bil­dung durch Auf­ar­bei­tung der jüngsten Dik­tatur +++

Hanka Kliese, stell­ver­tre­tende Vor­sit­zende der SPD-Frak­tion im Säch­si­schen Landtag, zum Gesetz­ent­wurf über die Rechts­stel­lung des Säch­si­schen Lan­des­be­auf­tragten für die Unter­lagen des Staats­si­cher­heits­dienstes am Don­nerstag im Landtag:

Es gilt das gespro­chene Wort.

„Auch ich möchte mich dem Dank für die gute Zusam­men­ar­beit anschließen. es war mir wirk­lich eine Freude, mit den Kol­legen Schie­mann und Mod­schiedler sowie Herrn Schen­der­lein und Frau Mar­schall sowie Katja Meier sowie bera­tend Karl Heinz Gers­ten­berg zu arbeiten.

Da in der ersten Lesung keine Gegen­rede vor­ge­sehen ist, will ich aber auch einen Kri­tik­punkt nicht ver­hehlen: Die Frak­tion DIE LINKE hat uns in einer Pres­se­mit­tei­lung schlechten Stil vor­ge­worfen und bekundet, sie hätte sich gern betei­ligt.

Zum schlechten Stil möchte ich sagen, dass es durchaus Zei­chen eines sich deut­lich ver­bes­sernden Stils ist, dass hier ein Gesetz­ent­wurf gemeinsam mit einer Oppo­si­ti­ons­frak­tion ein­ge­bracht wird. Dass Sie sich inhalt­lich ein­bringen wollen finde ich positiv, ich bin ebenso wie Roland Jahn und andere der Mei­nung, dass die LINKE in sol­chen Debatten nicht aus­ge­grenzt werden soll. Ich habe mich des­halb auf die Suche nach Ihren Posi­tionen zu unserem Gesetz­ent­wurf gemacht und konnte dabei auf die zweite Lesung und eine Anhö­rung aus der letzten Legis­latur zurück­greifen. Hier fand ich unter­schied­liche Hal­tungen: Pro­fessor Besier sprach sich zuletzt dafür aus, dass der Beauf­tragte kei­nes­wegs Auf­gaben der poli­ti­schen Bil­dung erfüllen solle, dies sei der Lan­des­zen­trale für poli­ti­sche Bil­dung zu über­lassen. Julia Bonk erwog, den LSTU gleich ganz an die Lan­des­zen­trale für poli­ti­sche Bil­dung anzu­glie­dern. In der zweiten Lesung äußerte Pro­fessor Besier, man solle doch die his­to­risch-sozi­al­wis­sen­schaft­liche Debatte lieber Fach­leuten über­lassen. Abschluss des Bei­trages der Linken bil­dete fol­gende Äuße­rung „Wir haben Geld genug hinein gesteckt. Wir werden es auch nicht ändern können, dass gerade junge Men­schen das Inter­esse an diesem Thema ver­lieren.“

Und sehen Sie, genau darin liegt der Unter­schied: Ich bin sogar über­zeugt davon, dass junge Men­schen Inter­esse an sol­chen Themen haben. Unwis­sen­heit und Des­in­ter­esse sind zwei sehr unter­schied­liche Dinge. Gegen Unwis­sen­heit können wir arbeiten. Und genau darauf zielt der Gesetz­ent­wurf. Durch die Erwei­te­rung auf den The­men­schwer­punkt poli­ti­sche Bil­dung setzen wir einen wich­tigen und zeit­ge­mäßen Akzent, der übri­gens teil­weise bereits gän­gige Praxis im realen Arbeits­leben des LSTU ist. Wer schon einmal erleben durfte, wie die wil­deste Ober­schul­klasse andächtig schweigt, wenn eine Zeit­zeugin berichtet, wie sie wegen eines Graf­fitis mit der Bot­schaft „Wir wollen die Wie­der­ver­ei­ni­gung“ noch als Jugend­liche für drei Jahre Gefängnis ver­ur­teilt wurde, der weiß, das poli­ti­sche Bil­dung wirkt.

Leider fehlt mir die Zeit, alle Punkte die uns wichtig waren auf­zu­zählen, einen ganz beson­deren möchte ich noch her­aus­greifen: Den Ein­bezug der Opfer aus der sowje­ti­schen Besat­zungs­zeit. Dieses Kapitel ist so düster, dass es drin­gend ans Licht gerückt werden muss. Die Opfer dieser Zeit waren oft­mals jahr­zehn­te­lang zum Schweigen ver­dammt und durften über ihre Haft­zeit, die sie nicht selten nach Workuta und in andere Lager führte, nicht mal ihren Ehe­part­nern oder Kin­dern berichten. Dass sie nun beson­dere Erwäh­nung finden, kommt für manche zu spät, aber eben nicht für alle und auch nicht für die, die daraus lernen sollen.

Auf­ge­fallen sein dürfte Ihnen bei der Lek­türe des Gesetz­ent­wurfes auch die neue Ver­an­ke­rung beim Land­tags­prä­si­denten. Diese Ent­schei­dung haben wir uns nicht leicht gemacht. Wir wollen damit ver­deut­li­chen, dass der LSTU für uns eine gesamt­ge­sell­schaft­liche Bedeu­tung hat, ebenso wie ein etwa Daten­schutz­be­auf­tragter. Wir wollen deut­lich machen, dass es sich hier nicht um ein Nischen­thema han­delt, son­dern eines, was unsere Gesell­schaft in vie­lerlei Hin­sicht geprägt hat. Es liegt in unserer Hand, aus dieser Prä­gung etwas Posi­tives zu machen. Näm­lich die Schär­fung des Bewusst­seins für Demo­kratie und für Pro­zesse, die sie gefährden. Das ist eine sehr große Auf­gabe. Wir haben das Zutrauen, dass gerade dieses Thema, die Auf­ar­bei­tung der jüngsten Dik­tatur, sich beson­ders gut dafür eignet, diese demo­kra­ti­sche Bewusst­seins­bil­dung voran zu treiben. Des­halb wollen wir den Lan­des­be­auf­tragten und die Men­schen, für die er arbeitet, stärken und hoffen, dass uns das mit dem Gesetz­ent­wurf gelungen ist.“

 

Der Gesetz­ent­wurf zum Down­load: http://​www​.spd​-frak​tion​-sachsen​.de/​w​p​-​c​o​n​t​e​n​t​/​u​p​l​o​a​d​s​/​6​_​D​r​s​_​4​5​1​5​_​0​_​1​_​1​_​.​pdf