Wir brauchen einen neuen Aufbruch Ost

2. Oktober 2020

Für uns ist der Tag der Deut­schen Ein­heit ein sehr beson­derer Tag. Er gibt Anlass zur Freude und zum Feiern von Gemein­sam­keiten – aber auch zur Benen­nung dessen, was uns noch trennt, und zur Suche nach Ver­bin­dendem.

Der Tag der Deut­schen Ein­heit ist auch immer ein Tag, um die Leis­tungen der Fried­li­chen Revo­lu­tion, der Bür­ge­rinnen und Bürger, aber auch der Bür­ger­rechtler und der han­delnden Poli­tiker zu wür­digen.

Aus unserer Sicht ist jetzt ein neuer Auf­bruch Ost not­wendig.

Dirk Panter

Frak­ti­ons­vor­sit­zender

Die Abge­ord­neten der SPD-Frak­tion werden am 3. Oktober an unter­schied­li­chen Orten genau das tun: Erin­nern und Wür­digen. Und wir werden auch den Blick nach vorn richten: Wie soll es in unserem Land wei­ter­gehen? Was müssen wir ändern?

30 Jahre Deut­sche Ein­heit sind auch in Sachsen ein Grund zum Feiern. Vor allem, wenn man bedenkt, wo Sachsen 1990 gestartet ist. Der wirt­schaft­liche Wie­der­aufbau ist enorm vor­an­ge­kommen. Die For­de­rungen nach Frei­heit von 1989 sind Teil unserer Demo­kratie. Die mas­siven Umwelt­be­las­tungen im Osten sind weit­ge­hend besei­tigt. Auch einige große Bedro­hungen der Nach­wen­de­zeit haben ihren Schre­cken ver­loren: Die Abwan­de­rung ist end­lich gestoppt. Die Arbeits­lo­sig­keit ist – bei allen bestehenden Pro­blemen – niedrig.

Dabei haben wir im Blick, dass die Men­schen mit der Fried­li­chen Revo­lu­tion einen radi­kalen gesell­schaft­li­chen und wirt­schaft­li­chen Umbruch erlebten, der die gesamte Lebens­welt betraf. Die meisten Sachsen nutzten trotz man­cher Härten und Ent­täu­schungen ihre Chancen und Frei­heiten. Einige aber zer­bra­chen daran. Andere kamen in dem neuen Staat nie richtig an. Die Erfah­rungen der hier in Sachsen Lebenden mit der Zeit nach 1989 waren so viel­schichtig wie es Lebens­um­stände, Bio­gra­fien, Glück und Zufall nun mal sind.

Gut, dass wir all diese Aspekte unserer Geschichte im ver­gan­genen Jahr offen dis­ku­tiert und auch die belas­tenden Dinge dabei nicht ver­schwiegen haben. Wir haben gerade in Sachsen zu lange an ver­meint­li­chen Erfolgs­storys der 90er Jahre fest­ge­halten. Dass das nicht mehr so ist, ist maß­geb­lich ein Ver­dienst von Petra Köp­ping. Dieser nun­mehr dif­fe­ren­zierte Blick auf die Ver­gan­gen­heit ist Vor­aus­set­zung für die not­wen­dige Debatte über Zukunfts­vi­sionen für unser Land.

Der 3. Oktober ist für uns des­halb vor allem auch ein wei­terer Anlass, um über die Zukunft zu spre­chen. Wo kann und soll Sachsen in 10 oder 20 Jahren stehen? Was müssen wir tun, damit der Zusam­men­halt in unserem Land wieder wächst? Wie teilen wir Macht und ermög­li­chen damit mehr Bür­ger­be­tei­li­gung? Wie stärken wir denen den Rücken, die für gute Löhne und ordent­liche Tarif­ver­träge streiten? Wie unter­stützen wir die, die im Land bleiben und inno­va­tive Unter­nehmen gründen?

Aus unserer Sicht ist jetzt ein neuer Auf­bruch Ost not­wendig.

Digi­ta­li­sie­rung, Kli­ma­schutz, Auto­ma­ti­sie­rung und neue Mobi­li­täts­kon­zepte werden unsere Art zu leben und zu wirt­schaften ver­än­dern. Der Osten und damit auch Sachsen hat bei­spiels­weise die Chance, kom­plett neue Wirt­schafts­zweige zu ent­wi­ckeln. Wir müssen und können errei­chen, dass die Men­schen genau bei diesen Ver­än­de­rungen auch künftig gute Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisse haben. Inno­va­tion, gute Arbeit und soziale Gerech­tig­keit gehören auch in Zukunft für uns dabei zusammen.