Ausreichend Stellen, mehr Assistenz, gute Schulen und mehr Freiheit: Das muss Sachsens Rezept gegen den Lehrkräftemangel sein

16. September 2022

Heute hat der Lan­des­rech­nungshof seinen Prüf­be­richt zur Ver­be­am­tung von Lehrer:innen in Sachsen vor­ge­stellt. Dazu führt Sabine Friedel, bil­dungs­po­li­ti­sche Spre­cherin der SPD-Frak­tion im Säch­si­schen Landtag, aus:

„Dass der Rech­nungshof keine Ent­fris­tung, son­dern allen­falls eine Ver­län­ge­rung der Ver­be­am­tung emp­fiehlt, ist nach­voll­ziehbar. Denn zu gering sind die Vor­teile dieser Maß­nahme: Es gelang zwar, mehr Absolvent:innen in Sachsen zu halten. Doch neue Lehr­kräfte wurden kaum gewonnen. Es bleibt dabei: In Kon­kur­renz mit den anderen Bun­des­län­dern hat Sachsen aus Not­wehr ver­be­amtet. Dieser bun­des­weite Wett­be­werb hat auf Dauer keinen Erfolg und darf des­halb nicht ewig gehen. Die Länder müssen zu einer gemein­samen Ver­ab­re­dung zur Lehr­kräf­te­si­che­rung kommen.“

„Kon­kur­renz­fähig wird Sachsen vor allem mit guten Arbeits­be­din­gungen, denn das ist jungen Lehr­kräften heut­zu­tage wichtig: Sie wollen mehr Zeit für guten Unter­richt. Sie wollen moderne Schul­ge­bäude und eine gute Aus­stat­tung. Sie wollen im Team arbeiten – mit Sozialarbeiter:innen und Assis­tenz­kräften. Und sie wollen mehr päd­ago­gi­sche Frei­heit und Eigen­ver­ant­wor­tung, mehr Gestal­tungs­spiel­raum und Selbst­wirk­sam­keit.“

„Des­halb irrt der Rech­nungshof auch in man­chen Punkten: Eine Redu­zie­rung von Anrech­nungen wäre kon­tra­pro­duktiv. Ein großer Teil davon (rund 600 VZÄ) dient dazu, ältere Lehr­kräfte ab 60 Jahren zu ent­lasten und so länger im Beruf zu halten. Das ist gut so. Hinzu kommen Anrech­nungen für die Aus­bil­dung neuer Lehr­kräfte (rund 250 VZÄ) sowie für die Schul­lei­tungen (rund 1.000 VZÄ). Das sind päd­ago­gi­sche Tätig­keiten, die weder auf Assis­tenz­kräfte über­tragen noch gestri­chen werden können.“

„Richtig ist aber: Mehr Assis­tenz­per­sonal hilft, die Lehr­kräfte weiter zu ent­lasten und so für guten Unter­richt, einen nied­ri­geren Kran­ken­stand und bes­sere Arbeits­be­din­gungen zu sorgen. Doch für diese Assis­tenzen müssen end­lich genü­gend Stellen geschaffen werden. Hier braucht es Ver­läss­lich­keit.“

„Ein wei­terer Punkt: Mit der Ver­be­am­tung sind Abord­nungen und Ver­set­zungen nicht leichter geworden. Denn auch Beamte haben Rechte. Bei Abord­nungen und Ver­set­zungen muss eine Sozi­al­aus­wahl zwi­schen allen Lehr­kräften getroffen werden. Im Ergebnis würden solche Maß­nahmen vor allem die älteren Lehr­kräfte treffen, die keine kleinen Kinder mehr haben und gerade nicht ver­be­amtet sind. Das jedoch wären wieder jene, die von den Fehl­ent­schei­dungen der zurück­lie­genden Jahr­zehnte ohnehin schon beson­ders betroffen sind.“

„Völlig fehl­ge­leitet sind die Hin­weise des Hofes zum Pflicht­stun­denmaß. Säch­si­sche Lehr­kräfte unter­richten nicht weniger als in anderen Bun­des­län­dern. Doch sie haben weniger Frei­heit und Gestal­tungs­spiel­raum, das muss sich ändern. Kurzum: Ein Stel­len­plan, der Ent­las­tungs­per­spek­tiven bietet, ein modernes Schul­system und päd­ago­gi­sche Frei­heit, eine gute Aus­stat­tung, mehr und dau­er­haftes Assis­tenz­per­sonal sowie aus­rei­chend Mittel für den Schul­hausbau: Das sind die Rezepte für Sachsen, um ein attrak­tiver Arbeit­geber zu sein.“

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