Der Fall „Richter Jens Maier” sorgt derzeit, völlig zurecht, für viel Gesprächsstoff. Seit dem 14. März 2022 ist er nun wieder im Dienst – am Amtsgericht Dippoldiswalde.
Für unsere Fraktion ist das untragbar. Ein Rechtsextremist sollte nicht als Richter tätig sein.
Die SPD-Fraktion hat dazu immer die Auffassung vertreten, dass alle Möglichkeiten genutzt werden müssen, um den Dienstantritt zu verhindern.
Um eine juristische Einschätzung zu den Möglichkeiten zu bekommen, hat die SPD-Fraktion Anfang Februar ein Gutachten in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse dieses Gutachtens liegen nun vor. Es stützt unsere Auffassung, dass die Wiedereinsetzung von Jens Maier hätte verhindert werden können und müssen.
Das Gutachten stellen wir auf dieser Seite zum Download bereit.
Hanka Kliese
Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Justiz, Recht und Verfassung
Die Wiedereinsetzung von Jens Maier hätte verhindert werden können und müssen. Ein Gutachten, das im Auftrag der SPD-Fraktion erstellt wurde, zeigt, dass dies möglich gewesen wäre.
Das Gutachten
- Das Gutachten macht deutlich, dass Jens Maier aufgrund der Treuwidrigkeit seines Antrags auf Rückführung keinen Bescheid zur Wiedereinsetzung hätte erhalten müssen.
- Durch die bereits erfolgte Verbescheidung und die Zuweisung zu einer Dienststelle – und somit der Abschluss des Verfahrens – hat das Justizministerium die Möglichkeit verwirkt, einen Extremisten aus dem Richteramt zu entfernen bzw. ihn aus dem Amt zu halten
- Jens Maier hätte sich ansonsten einklagen müssen, um wieder als Richter tätig sein zu können.
- Aufgrund der wahrscheinlichen Verfahrensdauer hätte er voraussichtlich nur noch wenige Jahre oder gar Monate Recht sprechen können – sofern das Gericht seine Nichtwiedereinsetzung denn überhaupt als unrechtmäßig beurteilt und er in der Konsequenz ein Richteramt hätte zugeteilt bekommen müssen
- Wäre eine Nichteinsetzung in einem Revisionsverfahren als unrechtmäßig beurteilt worden, wäre die Möglichkeit der Eröffnung eines Disziplinarverfahrens gegen Jens Maier davon unberührt geblieben
Das Gutachten von Dr. von Roetteken zum Download (PDF)
Ausblick
Um für die Zukunft Rechtssicherheit für solche Fälle erreichen zu können, müssen das Sächsische Abgeordnetengesetz, das Sächsische Beamtengesetz und auch das Sächsische Richtergesetz dringend angepasst werden.
Die verfassungsrechtliche Treuepflicht unserer Staatsbediensteten und insbesondere Richter:innen ist ein Garant für den Schutz unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung und unseres Rechtsstaates. Wir müssen alles daransetzen, die Rückkehr von ehemaligen Mandatsträgern mit extremistischer Gesinnung in den Staatsdienst künftig zu verhindern.
Um die Wiedereinsetzung von ehemaligen Mandatsträger:innen mit extremistischer Gesinnung in den Staatsdienst nachhaltig zu verhindern, sollten die notwendigen Gesetze auf Bundes- und Landesebene geändert werden:
a) Klarstellung, dass Beamt:innen/ Richter:innen für die Rückführung den Eintritt für die FDGO gewährleisten müssen, Novelle des Sächsische Abgeordnetengesetzes
§ 31 „Wiederverwendung nach Beendigung des Mandats“
Es sollte darin festgeschrieben werden, dass Antragstellende die Bedingungen weiterhin erfüllen müssen, die die in § 7 Satz 1 und Satz 2 des Beamtenstatusgesetzes als Voraussetzungen des Beamtenverhältnisses definiert sind, und entsprechend dürfte nur wieder eingesetzt werden, wer u. a. „die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten“
b) Verankerung einer Regelüberprüfung im Sächsischen Beamtengesetz und Sächsischen Richtergesetz
Bei Antragstellungen zur Wiedereinsetzung ehemaliger Mandatsträger in den Beamtendienst bzw. den Richterdienst sollte eine Regelüberprüfung vorgenommen werden; d. h., es sollte eine Abfrage beim Verfassungsschutz zu Antragsteller:innen erfolgen
c) Bei Kommunalen Wahlbeamten: Vorschaltmechanismus vor der Ernennung einführen
Um der Ernennung von extremistischen Wahlbeamten, z. B. Landräten, entgegentreten zu können, sollte der Vergabe der Ernennungsurkunde ein Prüfmechanismus vorgeschalten werden
Hierzu wäre eine Änderung des Sächsisches Kommunalwahlrechts zu überlegen wie sie Mecklenburg-Vorpommern in § 66 seines Kommunalwahlgesetz (LKWG M‑V) vorsieht, wo insbesondere die Gewähr für die Verfassungstreue als Wählbarkeitsvoraussetzung durch den Wahlausschuss bei einem Wahlvorschlag festgestellt werden muss; der Verlust dieser Verfassungstreue ist spiegelbildlich auch ein Grund für einen späteren Verlust des Amtes (§ 69 Nr. 4 LKWG M‑V)
Das zu novellierende Sächsische Beamtengesetz sollte im Abschnitt für die Kommunalen Wahlbeamten (§§ 145ff.) angepasst werden; sofern diese die Voraussetzungen der verfassungsrechtlichen Treuepflicht nach § 7 Satz 2 des Beamtenstatusgesetz nicht erfüllen, könnten die tatsächliche Ernennung durch die Selbstverwaltungskörperschaft abgelehnt werden
Albrecht Pallas
Albrecht Pallas, Sprecher für Innenpolitik und Kommunales:
Wir müssen verhindern, dass Verfassungsfeinde im öffentlichen Dienst oder als kommunale Wahlbeamte, also als Bürgermeister:innen, Landrät:innen oder Beigeordnete, tätig werden können. Zum Schutz der kommunalen Demokratie brauchen wir daher eine Regelabfrage beim Verfassungsschutz bei Antragsteller:innen auf Wiedereinsetzung. Für kommunale Wahlbeamt:innen brauchen wir ein Vorschaltverfahren, um solche extremistischen Personen ablehnen zu können. Denn die Kommunen mit ihren Verantwortungsträger:innen sind die Bollwerke unserer Demokratie. Kommunal- und beamtenrechtliche Regelungen müssen dafür angepasst werden.
Chronik des Falls „Maier”
Mitte Dezember 2021:
Jens Maier stellt beim Justizministerium nach § 6 AbgG fristgerecht einen Antrag auf Wiederverwendung nach Beendigung seines Mandats als Richter.
14. Januar 2022:
SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag stößt die Debatte um die mögliche Nichtwiedereinsetzung eines Rechtsextremen in den Staatsdienst an.
Anfang Februar 2022
Die SPD-Fraktion beauftragt ein Gutachten, um alle Möglichkeiten juristisch ausloten zu lassen, damit eine Wiedereinsetzung Maiers verhindert werden kann.
Hanka Kliese (7. Februar 2022), dpa:
„Jens Maier darf nicht in den Richterdienst zurückkehren. Die SPD-Fraktion teilt die Auffassung des Auschwitz-Komitees, dass es unerträglich wäre, wenn ein Rechtsextremist wie Jens Maier wieder Urteile „im Namen des Volkes” fällt”, sagte SPD-Vizefraktionschefin Hanka Kliese der dpa.
Das Justizministerium müsse alles dafür tun, dass Maier nicht wieder in den Justizdienst zurückkehre. „Auch wenn es dazu keine einheitliche juristische Auffassung dazu gibt, sollte man alle Möglichkeiten ausschöpfen.”
Falls Maier letztendlich doch ins Richteramt zurückkehre, blieben die Optionen einer Disziplinarklage und einer Richteranklage, sagte Kliese. Ein Antrag zur Erhebung einer Richteranklage müsse von einem Drittel der Mitglieder des Landtages eingebracht werden, das wären 40 Abgeordnete. Die SPD-Fraktion würde so einen Antrag mittragen. „Wir werden dazu Gespräche in der Koalition führen. Auch wenn dieser juristische Weg zum Schutze der wehrhaften Demokratie noch nie begangen wurde, so müssen wir ihn einschlagen. Wir werden uns nicht vorwerfen lassen, nicht alles versucht zu haben”, sagte Kliese.
11. Februar 2022
Das Justizministerium weist Jens Maier das Amtsgericht Dippoldiswalde als Dienststelle zu und stellt einen Antrag, den Richter am Landgericht a.D. gemäß § 46 und § 47 Sächsisches Richtergesetz in Verbindung mit § 30 und § 35 Deutsches Richtergesetz im Interesse der Rechtspflege in den Ruhestand zu versetzen und im ab dem 14. März 2022 (hilfsweise später) vorläufig die Führung der Dienstgeschäfte zu untersagen.
https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/1037761
Hanka Kliese (12. Februar 2022):
„Wir sind sehr überrascht, dass das Ministerium jetzt so eilig gehandelt hat. Aus unserer Sicht hätten alle Alternativen geprüft werden müssen – und es standen viele im Raum, z.B. auch eine Nichtwiedereinsetzung. Dieser nun erfolgte Vorgriff des Justizministeriums ist mehr als bedauerlich.“
11. März 2022
Das Justizministerium informiert, dass über den Antrag, dem Richter am Landgericht a.D. Jens Maier vorläufig die Führung der Amtsgeschäfte zu untersagen, aus prozessualen Gründen nicht vor dem 14. März 2022 entschieden werden kann.
Grund: Jens Maier lässt sich durch einen Rechtsanwalt in Köln vertreten, dem Akteneinsicht über das Amtsgericht Köln gewährt wird.
https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/1039548
Hanka Kliese (11. März 2022):
„Die SPD-Fraktion hat von Anfang an die Position vertreten, dass Maier nicht in den Justizdienst zurückkehren darf. Wir haben stets dafür plädiert, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssen. Leider ist die Frage nun unvermeidbar, ob der Weg des Justizministeriums der richtige war. Wir sollten uns nun gemeinsam Gedanken machen, wie mit zukünftigen Fällen umgegangen wird, damit so etwas nicht noch einmal passiert.“
14. März 2022
Dienstantritt Jens Maier als Richter am Amtsgericht Dippoldiswalde.
Das Landgericht Dresden leitet Disziplinarverfahren gegen Jens Maier ein
https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/1039669
22. März 2022
Die Bündnisgrüne-Fraktion im Landtag stellt ein Gutachten zur Richteranklage vor.
Hanka Kliese (22. März 2022):
„Wir sind dafür, eine Richteranklage vorzubereiten. Wir haben immer deutlich gemacht, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssen, um einen rechtsextremen Richter wie Jens Maier aus dem Justizdienst zu halten. Dazu zählt auch die Richteranklage.“