Innenpolitisch hat der Freistaat Sachsen viel zu entscheiden. Ganz konkrete Gesetze mit ganz konkreten Auswirkungen. Das ist auch auf dem letzten Plenum der Legislatur so. Mit der Reform beispielsweise des Nachrichtendienstrechts, des Polizeivollzugsdienstgesetzes und einem neuen Versammlungsgesetz stärken wir die Demokratie und den Rechtsstaat.
“Der Ausschuss hat noch einmal gewichtige innenpolitische Gesetze auf den Weg gebracht. Mit der Reform beispielsweise des Nachrichtendienstrechts, des Polizeivollzugsdienstgesetzes und einem neuen Versammlungsgesetz stärken wir zum Ende der Legislatur die Demokratie und den Rechtsstaat. Als SPD sichern wir die Handlungsfähigkeit von Verfassungsschutz und Behörden sowie die Grundrechte unserer Bürgerinnen und Bürger gegen rechtsextreme Vereinnahmungen und Angriffe.”
Polizeivollzugsdienstgesetz
Die “kleine” Novelle des SächsPVDG sehen wir als einen wirksamen Beitrag für mehr Sicherheit und Transparenz im polizeilichen Handeln an. Sie beinhaltet neben sprachlichen Anpassungen die Einführung eines Anspruchs auf eine Kontrollquittung nach einer polizeilichen Maßnahme an kriminogenen Orten und die Verpflichtung zum Einschalten der Bodycams mit Androhung der Anwendung unmittelbaren Zwangs.
Kurz und Knapp:
1️⃣ Kontrollquittungen:
Nach Identitätsfeststellungen an kriminogenen Orten gibt es jetzt einen Anspruch auf eine Kontrollquittung. Das verbessert die rechtliche Überprüfung und verringert unbegründete Kontrollen.
2️⃣ Bodycam-Pflicht:
Beim Androhen von unmittelbarem Zwang müssen Bodycams eingeschaltet werden. Das sorgt für wertvolle Beweise in juristischen Prozessen und erhöht die Transparenz polizeilichen Handelns.
3️⃣ Dynamische Einsatzsituationen:
Die frühzeitige Einschaltung der Bodycam erkennt an, dass sich Einsätze schnell verändern können. Diese Maßnahme reduziert das Risiko, dass wichtige Momente nicht aufgezeichnet werden.
Es gibt es immer wieder Vorfälle, in denen Personen ohne erkennbaren legitimen Grund kontrolliert werden. Dies ist insbesondere in sog. kriminogenen Orten der Fall (§ 15 Absatz 1 Nr. 2 SächsPVDG) der Fall, weil hier jede und jeder kontrolliert werden kann, der oder die sich dort nur kurz aufhält, dort einkaufen geht oder wohnt. Kontrollmuster der Polizei müssen sich, wenn sie sich nicht auf Anhaltspunkte beziehen, die eine Kontrolle der konkreten Person rechtfertigen, auf faktenbasierte und aktualisierte Lagebilder beziehen. Nur dann müssen Bürgerinnen und Bürger in einem Rechtsstaat auch hinnehmen, an solchen Orten quasi zufällig, aber öffentlichkeitswirksam von Polizeimaßnahmen betroffen zu sein. Die Kontrollquittungen werden die rechtliche Überprüfung dieser Grundlagen polizeilichen Handelns erleichtern.
Das Einschalten der Bodycam stand bislang unter dem Ermessensvorbehalt der Polizei. Mit der Änderung in § 41 Absatz 2 besteht dann eine Verpflichtung zum Einschalten, wenn die Anwendung unmittelbaren Zwangs angedroht wird. Die ausreichend vorherige Androhung solcher Zwangsmaßnahmen muss nach dem Polizeirecht im Regelfall ohnehin erfolgen.
Für die SPD-Fraktion sichert dies zweierlei: einerseits können die Aufzeichnungen in juristischen Prozessen bei Fragen der Rechtmäßigkeit polizeilichen Handelns wertvolle Beweismittel sein und andererseits erkennt man mit diesem frühzeitigen Einschalten an, dass die Maßnahmen in Einsätzen stattfinden, die sich in kurzer Zeit sehr dynamisch verändern können und der Moment hin zur Anwendung des unmittelbaren Zwangs sehr plötzlich eintreten kann. Dann besteht (bislang) die Gefahr, dass die Bodycam ausgeschaltet bleibt. Dem wollen wir mit der Änderung entgegenwirken. Sollte es zu gravierenden Ausnahmesituationen kommen, die weder eine Androhung noch eine Aufzeichnung zulassen, kann davon abgesehen werden. Auch dieses Ermessen ist gerichtlich überprüfbar.
Verfassungsschutzgesetz
Kurz und Knapp:
1️⃣ Stärkung der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
Das neue Gesetz stärkt die wehrhafte Demokratie und den Rechtsstaat, indem es die Handlungsfähigkeit des Verfassungsschutzes und der Behörden sichert. Ziel ist mehr Schutz gegen verfassungsfeindliche Bestrebungen.
2️⃣ Konkretisierung und Anpassung der Befugnisse:
Das Gesetz konkretisiert die Voraussetzungen für das Tätigwerden des Verfassungsschutzes, definiert Beobachtungsstufen und zulässige Mittel der Informationsbeschaffung (z.B. verdeckte Ermittler, keine Staatstrojaner). Die Befugnisse zur Datenabfrage, -nutzung und -übermittlung werden klar geregelt.
3️⃣ Erhöhte parlamentarische Kontrolle:
Zur Stärkung der parlamentarischen Kontrolle wird eine Fachstelle eingerichtet, die durch Beratung und Organisation unterstützt. Dies setzt eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag um.
“Nach einem intensiven Ringen haben wir das Mammutprojekt eines neuen Verfassungsschutzgesetzes für Sachsen beschlossen. Damit stärken wir zum Ende der Legislatur die wehrhafte Demokratie und den Rechtsstaat. Als SPD sichern wir die Handlungsfähigkeit von Verfassungsschutz und Behörden sowie die Grundrechte unserer Bürgerinnen und Bürger gegen verfassungsfeindliche Bestrebungen, wie die zuletzt als gesichert rechtsextremistisch eingestufte AfD.”
“Das Bundesverfassungsgericht hat uns klare Leitplanken für die Reform eingezogen, aufgrund derer wir die Voraussetzungen für das Tätigwerden des Verfassungsschutz klar nachgezeichnet und dessen Befugnisse wir angepasst haben. Das Frühwarnsystem der freiheitlich demokratischen Grundordnung muss funktionieren, insbesondere im Bereich der Aufklärung von rechtsextremen Finanzstrukturen blieb man bislang weitestgehend blind. Das muss sich ändern, wenn wir dem Rechtsextremismus in Sachsen wirkungsvoll entgegentreten wollen.”
“Neben den vielen Vorgaben für die Arbeit des Verfassungsschutzes, wie die Konkretisierung der Schwellen für die Beobachtungsbedürftigkeit durch das LfV, die Definition der Beobachtungsstufen und die damit zulässigen Mittel der Informationsbeschaffung, die Katalogisierung und Ausgestaltung der nachrichtendienstlichen Mittel (verdeckte Teilnahme an Chats im Internet (kein Staatstrojaner!), verdeckte Ermittler, V-Personen…) sowie die Ausgestaltung der Befugnisse zur Datenabfrage, -weiternutzung und Datenübermittlung durch das LfV (insbesondere an Private, an Polizeibehörden und ins Ausland), haben wir ebenso die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt, die parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes zu stärken, indem wir sie mit einer Fachstelle künftig noch besser durch Beratung und Organisation unterstützen.”
Reform des sächsischen Versammlungsgesetzes
Kurz und knapp:
1️⃣ Modernisierung und Liberalisierung:
Das neue Gesetz berücksichtigt aktuelle Entwicklungen in der Rechtsprechung und Versammlungspraxis. Die SPD-Fraktion hat intensiv für mehr Liberalisierung gekämpft, während Leitplanken gegen rechtsextreme Vereinnahmungen und Angriffe erhalten blieben.
2️⃣ Konkretisierte Regelungen und Transparenz:
Mehr spezifische Regelungen ohne zusätzliche Befugnisse für Behörden. Die Verbotsmöglichkeit von Versammlungen aufgrund der Gefährdung der öffentlichen Ordnung wurde gestrichen, die Anzeigefrist angepasst und die Altersgrenze für Ordner auf 16 Jahre gesenkt.
3️⃣ Verstärkte behördliche Anordnung und weniger Sanktionen:
Künftig erfordern Versammlungsverbote und Sanktionen eine stärkere behördliche Anordnung, was mehr Transparenz für Teilnehmende schafft. Viele Straftatbestände sind nun Ordnungswidrigkeiten oder gar nicht mehr strafbar.
“Wir haben uns im Koalitionsvertrag auf die Reform des sächsischen Versammlungsgesetzes verständigt, diese heute auch beschlossen und trotz herausfordernder Verhandlungen ist es ein gutes Gesetz geworden. Sachsen macht mit diesem Versammlungsgesetz einen gewaltigen Schritt nach vorn, zur Stärkung der Demokratie und des Rechtsstaates.”
“Das neue sächsische Versammlungsgesetz ist eine Evolution und holt endlich die zahlreichen Entwicklungen der Rechtsprechung und Versammlungspraxis nach. Wir haben als SPD-Fraktion intensiv für mehr Liberalisierung gekämpft und zugleich dort Leitplanken gelassen, wo wir Handlungsfähigkeit gegen rechtsextreme Vereinnahmungen und Angriffe dringend brauchen. Damit alle den gleichen Wissensstand haben, steht jetzt mehr im Gesetz als vorher. Das heißt aber nicht, dass die Behörden mehr dürfen als vorher. Wir haben die Verbotsmöglichkeit einer Versammlung aufgrund der Gefährdung der öffentlichen Ordnung gestrichen; die Anzeigefrist angemessen gestaltet; die reguläre Altersgrenze bei Ordner:innen auf 16 Jahre abgesenkt. Die Übermittlung von Ordner:innen-Daten in einer besonderen Gefährdungslage haben wir im Vergleich zum Regierungsentwurf deutlich nachgeschärft und so auch die bisherige Behördenpraxis einer Überprüfung ohne Rechtsgrundlage eingehegt. Das ist und bleibt eine Ausnahmesituation und keine behördliche Sammelleidenschaft, egal aus welchen Gründen. Versammlungsrechtliche Verbote bedürfen künftig stärker einer behördlichen Anordnung, z.B. beim Verbot der Vermummung oder der Schutzausrüstung, diese konkreten Anordnungen schaffen mehr Transparenz für die Versammlungsteilnehmenden. Die Sanktionen haben wir vielfach auf Ordnungswidrigkeiten herabgesetzt. Das Versammlungsrecht entwickelt sich und so werden wir immer wieder nachjustieren müssen.”
“Schlussendlich lebt das Versammlungsrecht aber von zweierlei: von engagierten Demokrat:innen, die es nutzen und von kompetenten Versammlungsbehörden, die die Demokratie durch rechtsstaatliche Ermöglichung und Beschränkungen stärken. Für letzteres erwarte ich nun eine schnelle Schulung des neuen Versammlungsrecht für die Kommunen und die Polizei, koordiniert durch das Innenministerium.”
Personalvertretungsgesetz
Kurz und Knapp:
1️⃣ Stärkung der Mitbestimmung:
Die Reform erleichtert die Mitbestimmung im Öffentlichen Dienst, z.B. durch Stärkung der Personalräte und Einführung von virtuellen Sitzungen. Auch Homeoffice-Regelungen müssen nun gemeinsam gestaltet werden.
2️⃣ Reformvorschläge umgesetzt:
Viele Forderungen der Gewerkschaften wurden berücksichtigt, wie die Nachzeichnung beruflicher Entwicklungen und die Einführung von Zwei-Personen-Personalräten in Kleindienststellen.
3️⃣ Zukunftsorientierte Verbesserungen:
Auch wenn nicht alle gewünschten Änderungen durchsetzbar waren, ist dies ein wichtiger Schritt nach vorne. Künftige Novellen werden den Fokus auf bislang unterrepräsentierte Gruppen und die Ausbildungsvertretung im Schul- und Hochschulbereich legen.
“Wir stehen als Sozialdemokratie für den Beschluss des novellierten Personalvertretungsgesetzes, auch wenn noch nicht alles erreicht wurde. Auf der Regierungsseite haben die SPD-Minister:innen dafür gesorgt, dass der Regierungsentwurf eine gute Grundlage für das parlamentarische Verfahren war. Viele Forderungen der Gewerkschaften wurden bereits umgesetzt. Leider war mit der CDU-Fraktion – trotz starker Argumente der Gewerkschaften in der Anhörung – im Parlament kein Weg zu finden, weitere wichtige und notwendige Änderungen vorzunehmen.”
“Diese Reform des Personalvertretungsgesetzes stärkt die Mitbestimmung im Öffentlichen Dienst in Sachsen. Es wird die Ausübung von Mitbestimmung konkret erleichtert, z.B. durch das Nachzeichnen beruflicher Entwicklung bei freigestellten Personalratsmitgliedern, die Stärkung von Personalräten durch Vorstände in größeren Dienststellen und Zwei-Personen-Personalräte in Kleindienststellen. Wir zeichnen die informations- und kommunikationstechnologische Entwicklung nach, indem Sitzungen und Sprechstunden nun auch virtuell stattfinden können und Personalräte bei der Ausgestaltung von Homeoffice beteiligt werden müssen.”
“Die Einführung von Referendariatsräten in der Justiz hat gezeigt: Im Bereich der “Ausbildungsvertretung” im Schulbereich und in den Hochschulen ist noch einige Luft nach oben. Wir wollen diesen Gesetzentwurf dennoch beschließen, denn er ist definitiv eine Verbesserung des Status quo und die nächste Novelle wird kommen. Hierbei werden wir den Fokus auf Gruppen legen, die bislang weitgehend von der Mitbestimmung ausgenommen sind und insbesondere den Schul- und Hochschulbereich sowie studentische Mitbestimmung in den Blick nehmen.”
Gesetz zur Finanzierung politischer Stiftungen:
Sachsen beschließt als erstes Bundesland die erforderliche Rechtsgrundlage, wie sie vom Bundesverfassungsgericht im Februar 2023 gefordert wurde. Wir haben jetzt eine rechtssichere Neuregelung zur künftigen Förderung politischer Stiftungen.
1️⃣ Rechtssichere Neuregelung:
Sachsen schafft als erstes Bundesland eine Rechtsgrundlage für die Finanzierung politischer Stiftungen, wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert. Bis Ende 2024 werden alle bisher geförderten Stiftungen weiter unterstützt, danach erfolgt eine umfassende Förderprüfung.
2️⃣ Engagement für Demokratie:
Nur Stiftungen, die aktiv die freiheitliche demokratische Grundordnung fördern, erhalten staatliche Mittel. Wer mit extremistischen Organisationen und verfassungsfeindlichen Parteien zusammenarbeitet, kann von der Finanzierung ausgeschlossen werden.
“Mit dem Gesetz zur Finanzierung politischer Stiftungen aus dem Staatshaushalt schafft Sachsen als erstes Bundesland die erforderliche Rechtsgrundlage, wie sie vom Bundesverfassungsgericht im Februar 2023 gefordert wurde. Wir haben jetzt eine rechtssichere Neuregelung zur künftigen Förderung politischer Stiftungen in Sachsen. Alle bislang geförderten Stiftungen werden bis Ende 2024 gefördert. Danach erfolgt die Förderprüfung für alle.”
“Als SPD-Fraktion war uns in diesem Gesetz wichtig, dass nur diejenigen politischen Stiftungen staatliche Mittel erhalten sollen, die sich auch aktiv für unsere freiheitliche demokratische Grundordnung engagieren. Das ist in den heutigen Zeiten relevanter denn je. Wer sich dazu nicht imstande sieht, wer seitens des Verfassungsschutzes als gesichert extremistisch eingestuft wird oder dessen ihm nahestehende Partei selbst verfassungsfeindlich und von der staatlichen Parteienfinanzierungs ausgeschlossen ist, wird nicht auch noch Geld für seine demokratiefeindlichen Umtriebe erhalten.”