Neues Hochschulgesetz verabschiedet

30.05.2023

Hochschulen in Sachsen

14
Hochschulen

101.000
Studierende

47.000
Beschäftigte im Hochschulbetrieb

Das Sächsische Hochschulgesetz in seinen Grundzügen ist bereits mehr als 10 Jahre alt. Das „Hochschulfreiheitsgesetz“, wie es damals genannt wurde, war allerdings ein Konstrukt mit starren Regeln und Einschränkungen.
In den vergangenen Jahren haben sich die Arbeits- und Lernbedingungen in der Wissenschaft stark verändert. Sei es in Bezug auf Digitalisierung, Lehr- und Lernbedingungen oder Gleichstellung und Diversität. Das passt mit den alten Regeln oft nicht mehr zusammen.

Deswegen wurde das Gesetz umfangreich angepasst. Dabei sollen die Änderungen möglichst alle erreichen, die einer Hochschule angehören, von den Studierenden bis zur Professorin. Und natürlich auch hinsichtlich der Inklusion, denn schließlich sollen die sächsischen Hochschulen allen offen stehen.

Die Hochschulen selbst bekommen nun mehr Freiräume. Dadurch können sie mehr eigene Schwerpunkte setzen oder selbst entscheiden, mit welchen anderen Hochschulen sie kooperieren wollen.

Natürlich bringen so viele Veränderungen auch neue Aufgaben mit sich. Daher ist es besonders wichtig, dass das neue Hochschulgesetz auch neue Karrierewege in der Wissenschaft ermöglicht und Befristungen klar regelt.

Nur so können sich die Wissenschafts- und Hochschullandschaft bestmöglich weiterentwickeln und Studierende unter modernen Bedingungen studieren.


„In den vergangenen Jahren haben sich die Arbeits- und Studienbedingungen in der Wissenschaft stark verändert – sei es in Bezug auf Digitalisierung, Lehr- und Lernbedingungen oder Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder Studium. Da passen die alten Regeln oft nicht mehr. Deshalb gibt es jetzt ein Update für das Hochschulgesetz, hin zu einem modernen Auftrag sowie neuen Möglichkeiten, um Beteiligung und Mitsprache zu organisieren.“

Sabine Friedel

bildungs- und hochschulpolitische Sprecherin

Die wichtigsten Änderungen im Überblick

Aufgaben von Hochschulen (Modernisierung und Ergänzungen)

Inklusion
  • Inklusion wird zur Aufgabe der Hochschule erklärt. Sie wird angehalten, sich um die Barrierefreiheit und Zugänglichkeit ihrer Angebote für Studierende, Studienbewerber:innen und Doktorand:innen mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten zu sorgen. Als Ansprechpartner:innen werden Beauftragte für Studierende mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten etabliert.
  • Aus Behinderungen oder chronischen Krankheiten dürfen den betroffenen Studierenden und Doktorand:innen keine Nachteile im Studienprozess erwachsen.
Gleichstellung und Diversität
  •  Der allgemeine Grundsatz zur Gleichbehandlung unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, politischer oder sexueller Orientierung soll durch die Hochschulen sichergestellt werden. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gilt fortan für alle Mitglieder und Angehörigen. 
  • Die Hochschulen werden beauftragt, ein Gleichstellungskonzept zu erarbeiten, um den Frauenanteil auf allen Ebenen sowie in Führungs- und Entscheidungspositionen zu erhöhen.
  • In den Hochschulgremien ist auf die Repräsentanz von Frauen zu achten. In Berufungskommissionen sollen mindestens drei weibliche Mitglieder mitwirken.
Stärkung der Hochschulautonomie
  • Die Hochschulen erhalten nicht nur neue Aufgaben, sondern auch neue Freiheiten, um interne Belange selbst in der Grundordnung zu regeln. So können weitere beratende Mitglieder im Senat bestimmt werden oder die Anzahl der Prorektor:innen angehoben werden.

  • Gemeinsam mit anderen Hochschulen und Institutionen können Hochschulallianzen als rechtlich selbständige Einrichtungen gegründet werden. Zudem können Hochschulen freier über Unternehmensbeteiligungen entscheiden.

  • Innerhalb der Hochschule wird die Zuständigkeit der Gremien neu sortiert. Der Senat, als höchstes akademisches Organ, in dem alle Mitgliedergruppen vertreten sind, wird stärker beteiligt und erhält mehr Mitspracherechte. Das Wahlverfahren zur Rektorin oder zum Rektor wird neu ausgestaltet. Zukünftig unterbreitet eine paritätisch aus Senat und Hochschulrat besetzte Auswahlkommission direkt dem erweiterten Senat einen Wahlvorschlag.

  • Die Hochschulen erhalten die Möglichkeit, zentrale Angelegenheiten in Rahmenordnungen zu regeln. So können bspw. Studien- und Prüfungsordnungen in einem Dokument zusammengefasst werden.
Akademische Weiterbildung
  • Die akademische Weiterbildung wird als Grundaufgabe der Hochschulen festgeschrieben und ihr Wert damit hervorgehoben.
Hochschulsport
  • Die Förderung der sportlichen Betätigung und Gesundheitsvorsorge wird auf alle Mitglieder und die Angehörigen der Hochschule ausgeweitet.
Nachhaltigkeit/ BNE
  • Das Aufgabenspektrum der Hochschulen wird spezifisch um Forschungen zur Rohstoffeffizienz, nachhaltigen Entwicklung und zur Verbesserung der Lebens- und Umweltbedingungen erweitert

Lehre, Studium, Studentisches Leben

Leitbild für Lehre
  • Die Hochschulen geben sich künftig ein festes Leitbild, welches Grundsätze zum Studium und dessen Qualitätssicherung definiert. Es wird vom Senat verabschiedet.
Orientierungsstudium
  • Hochschulen können in Abstimmung mit dem Wissenschaftsministerium ein Orientierungsstudium anbieten. So können am Studienbeginn strukturiert Einblicke in das Fachgebiet gegeben, Ergänzungskurse zur besonderen Unterstützung angeboten und eine fachliche Orientierung der Studierenden gewährleistet werden, um zum zukünftigen Studienerfolg beizutragen.
Studentenwerke
  • Um für eine verlässliche Finanzierung der Studentenwerke zu sorgen und somit auch Planungssicherheit bei den Semesterbeiträgen zu geben, werden künftig mehrjährige Zuschussvereinbarungen abgeschlossen.
  • Da es weiteren Diskussionsbedarf zur Liegenschaftsverwaltung und zu Bauangelegenheiten gibt, wird zunächst der Status quo fortgeschrieben. Die Staatsregierung ist jedoch gemeinsam mit den Studentenwerken beauftragt, einen Lösungsvorschlag zu unterbreiten.

  • Bei den Aufgaben der Studentenwerke bleibt vieles beim Alten. Durch die Aufnahme von Sozialdarlehen in den Aufgabenkatalog werden die Belange der Studierenden besonders berücksichtigt, um schnelle finanzielle Hilfe in einer Notlage während des Studiums erhalten zu können.
Teilzeitstudium
  • Vollzeitstudiengänge sollen zukünftig so durch die Hochschule organisiert werden, dass für Einzelpersonen ein individuelles Teilzeitstudium möglich ist, die Regelstudienzeit erhöht sich damit entsprechend.
Zentrum für Lehrkräftebildung und Bildungsforschung
  • Alle Hochschulen mit Lehramtsstudiengängen werden verpflichtet, ein Zentrum für Lehrkräftebildung und Bildungsforschung aufzubauen. Dieses soll das Lehramtsstudium und Weiterbildungen mitgestalten sowie Promotionsverfahren durchführen. Es kann weitestgehend frei über seine zugeteilten Haushaltsmittel entscheiden.

Hochschulpersonal

neue Personalkategorien für Karrierewege neben der Professur
  • Lektor:innen mit Schwerpunkt in Forschung oder Lehre sind eine neu geschaffene Personalkategorie, um eine dauerhafte Perspektive für Wissenschaftlicher:innen zu eröffnen. Sie arbeiten selbstständig wissenschaftlich in Forschung oder Lehre. Die Lehrverpflichtung für Lektor:innen an Universitäten im Schwerpunkt Lehre soll nicht weniger als 8 Lehrveranstaltungsstunden (LVS) und nicht mehr als 14 LVS sowie im Schwerpunkt Forschung nicht weniger als 2 LVS und nicht mehr als 6 LVS betragen.  
  • Wissenschaftsmanager:innen sind das neu geschaffene Stellenprofil für Mitarbeiter:innen, die für koordinierende Funktionen in Verwaltung und Transfer verantwortlich sind.
  • Tandemprofessuren: Hochschulen für angewandte Wissenschaft können zur besseren Nachwuchsgewinnung Tandemprofessuren besetzen. Dabei sind die Professor:innen in Teilzeit an der Hochschule. So können Sie noch notwendige Praxiserfahrung in Unternehmen sammeln, um die Berufungsvoraussetzungen zu erfüllen.
  • Lehrkräfte für besondere Aufgaben soll zukünftig grundsätzlich praktische, insbesondere sprach-, sport- und laborpraktische, Fertigkeiten und Kenntnisse vermitteln, dabei soll die Unterweisung in der Anwendung wissenschaftlicher oder künstlerischer Methoden nur im untergeordneten Umfang erfolgen.
  • Personalentwicklung gewinnt insgesamt an Bedeutung. Mit den neuen Personalkategorien und 800 zusätzlichen Dauerstellen erhalten die Hochschulen Handlungsspielräume, um verlässliche Karrierewege in der Wissenschaft zu bieten. Zukünftig sind sie verpflichtet, sich ein Personalentwicklungskonzept zu geben. Die Erfüllung und Umsetzung dessen, wird zudem Teil der Zielvereinbarungen.
Vertragslaufzeiten für Wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter
  •  Als Mindestlaufzeit für ein befristetes Arbeitsverhältnis für wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter:innen, die sich noch weiter qualifizieren – bspw. eine Promotion anfertigen – werden drei Jahre festgesetzt. 
  • Für Wissenschaftler:innen in Drittmittelprojekten soll die bewilligte Projektlaufzeit auch der Vertragslaufzeit entsprechen.
  • Zukünftig können auch hauptsächlich für die Durchführung von Drittmittelprojekten angestellte Mitarbeiter:innen unbefristet an Hochschulen beschäftigt werden, bislang war eine Befristung verpflichtend. 
Lehrbeauftragte
  • Jede Hochschule erlässt eine einheitliche Honorarordnung, welche die angemessene Vergütung aller Lehrbeauftragten regelt.

  • Da externe Lehrbeauftragte an Kunst- und Musikhochschulen in besonderem Maße zum Einsatz kommen und einen Großteil der Lehre absichern, können bei entsprechender Regelung in der Grundordnung der Kunst- oder Musikhochschule Ihnen die vollen Mitglieder- und Mitbestimmungsrechte  verliehen werden. Sie sind dann Teil des akademischen Mittelbaus und werden bspw. im Senat vertreten.

Wissenschaftlicher Nachwuchs / Doktorand:innen

Hochschulzugehörigkeit
  • Doktorand:innen gelten fortan immer mindestens als Angehörige der Hochschule, um uneingeschränkten Zugang zu Bibliothek, Rechenzentrum oder Mensa zu erhalten.
Betreuungsvereinbarung

Die Promotionsordnung regelt zukünftig den Abschluss von Betreuungsvereinbarungen, die die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Doktorand:innen und Betreuer:innen festhält.

Promovierendenrat

Die Doktorand:innen einer Hochschule können zukünftig eine Interessenvertretung aus ihrer Mitte wählen, welche sie in ihren Angelegenheiten berät, sie vertritt und die an Senatssitzungen beratend teilnehmen kann.

Kooperative Promotion

Damit die Promotion an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften besser möglich wird, können forschungsstarke Professor:innen an einer Fakultät einer Universität kooptiert werden. So erhalten Sie auch das Recht zur Promotion und können ihre Doktorand:innen besser begleiten und auf dem Weg zur Promotion unterstützen.

„Ohne Wissenschaftler:innen kommt Innovation zum Erliegen. Hochschulen sollen zukünftig noch stärker ihrer Verantwortung als Arbeitgeber:in nachkommen. Sie werden in Zukunft Personalentwicklungskonzepte vorlegen, um berufliche Perspektiven aufzuzeigen. Das Gesetz schafft neue Karrierewege in der Wissenschaft: Lektor:innen und Wissenschaftsmanager:innen werden als neue Personalkategorien eingeführt, die Tandemprofessur dient zur Personalgewinnung an Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Darüber hinaus gibt es verbindliche Regeln für Vertragslaufzeiten mindestens drei Jahre bei Qualifikation oder die Projektlaufzeit im Drittmittelprojekt. Zusammen mit den 800 zur Verfügung gestellten Dauerstellen schafft das Gesetz gute Bedingungen für Planbarkeit in wissenschaftlichen Karrieren.“ 

 

„Um den Studienerfolg auch in Zukunft zu sichern, werden neue Möglichkeiten geschaffen: Ein Orientierungsstudium wird eingeführt, das Teilzeitstudium gestärkt und die Studienreformklausel erweitert. Digitale Prüfungen werden auf sichere Füße gestellt, Studienberatung und Berufsorientierung erhalten einen neuen Rahmen. Die Koalition unterstreicht so den Anspruch auf ein gutes und qualitativ hochwertiges Studium in Sachsen. Zudem stärken wir die Studentenwerke als verlässliche soziale Partner der Studierenden. Mit einer mehrjährigen Zuschussvereinbarung wird für sie Planungssicherheit und Stabilität gesetzlich garantiert.“ 

Sabine Friedel

bildungs- und hochschulpolitische Sprecherin

Mehr zum Thema: