Für einen neuen Verfassungsschutz in Sachsen

14. Juli 2020

Die SPD-Frak­tion will die Dis­kus­sionen um die Vor­komm­nisse rund um das Lan­desamt für Ver­fas­sungs­schutz nach vorn ori­en­tieren und die Debatte ver­sach­li­chen. Das schließt aus­drück­lich mit ein, Ver­säum­nisse zu benennen. Es geht aber vor allem um die rich­tigen Schluss­fol­ge­rungen, um eine effek­tive Kon­trolle und Trans­pa­renz.

Dazu hat der innen­po­li­ti­sche Spre­cher der SPD-Frak­tion, Albrecht Pallas, ein Papier vor­ge­legt, das die Posi­tionen zusam­men­fasst.

Für einen neuen Verfassungsschutz in Sachsen:

Neue Strukturen – neues Personal – neue Offenheit

Dresden, 13. Juli 2020

Mit der Ein­set­zung eines neuen Prä­si­denten des Lan­des­amts für Ver­fas­sungs­schutz bekommt die Behörde eine erneute Chance für einen echten Neu­an­fang. Mutige, kon­se­quente und wirk­same Reformen sind not­wendig, damit der säch­si­sche Ver­fas­sungs­schutz seiner Haupt­auf­gabe nach­kommen kann. Unsere Demo­kratie braucht ein Früh­warn­system für demo­kra­tie­feind­liche Bestre­bungen und keine Ver­wal­tung, die den Ent­wick­lungen hin­ter­her­läuft. Wenn der Neu­start gelingt, kann der Ver­fas­sungs­schutz in Sachsen Respekt und ver­loren gegan­genes Ver­trauen zurück­ge­winnen.

Die größte Gefahr für unsere frei­heit­liche und demo­kra­ti­sche Gesell­schaft kommt von Rechts. Da sind sich die Ver­fas­sungs­schutz­ämter des Bundes und der Länder einig. Der säch­si­sche Ver­fas­sungs­schutz muss einen effek­tiven Bei­trag zur Ermitt­lung, Auf­de­ckung und Bekämp­fung rechts­ra­di­kaler, rechts­ter­ro­ris­ti­scher und demo­kra­tie­feind­li­cher Netz­werke und Struk­turen leisten. Erkannte Fehler und Ver­säum­nisse der Ver­gan­gen­heit müssen nun kon­se­quent so auf­ge­ar­beitet werden, dass die säch­si­schen Behörden künftig Rechts­ter­ro­rismus und die Gefahren, die davon und wei­terhin bestehenden Netz­werken aus­gehen, wirksam ermit­teln und ver­folgen können und der Ver­fas­sungs­schutz hier die not­wen­digen Erkennt­nisse sam­melt, aus­wertet und zur Ver­fü­gung stellt.

1. Bessere Analysefähigkeit auch durch mehr und besseres Personal

Das Lan­desamt muss schleu­nigst mit besser qua­li­fi­ziertem Per­sonal aus­ge­stattet werden. Die Erfah­rungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass not­wen­dige Auf­gaben nicht nur teil­weise unzu­rei­chend, son­dern zuweilen sogar ent­gegen den Vor­gaben der Fach­auf­sicht durch­ge­führt wurden. Interne Struk­tur­re­formen und neue Abläufe sind not­wendig, um die Ana­ly­se­fä­hig­keit der Behörde weiter zu stärken. In diesem Zusam­men­hang sollen, wie im Koali­ti­ons­ver­trag ver­ein­bart, Gefah­re­n­er­ken­nung und wis­sen­schaft­lich fun­dierte Aus­wer­tung ver­fas­sungs­feind­li­cher Bestre­bungen stärker getrennt werden – nicht zuletzt, damit eine öffent­liche Dis­kus­sion um aktu­elle gesell­schaft­liche Ent­wick­lungen besser mög­lich wird.

2. Stärkung Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) & mehr Transparenz gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit

Der Ver­fas­sungs­schutz ist natur­gemäß weniger trans­pa­rent als andere Behörden. Doch bei allem Geheim­hal­tungs­er­for­dernis: Die aktu­elle Ent­wick­lung und die heu­tigen Pro­bleme haben ihren Ursprung auch in unzu­rei­chenden Auf­sichts- und Kon­troll­mög­lich­keiten. Zu einem Neu­start der Behörde gehören dem­nach auch eine wirk­sa­mere Kon­trolle durch die Par­la­men­ta­ri­sche Kon­troll­kom­mis­sion (PKK) und mehr Trans­pa­renz gegen­über dem Landtag und der Öffent­lich­keit.

Der im Koali­ti­ons­ver­trag ver­ein­barte Ausbau der Kon­trolle des Ver­fas­sungs­schutzes muss zügig umge­setzt werden. Dazu gehört ins­be­son­dere die Errich­tung einer Fach­stelle, welche die PKK bei ihrer Kon­troll­funk­tion unter­stützt. Die Rechte der PKK sollen aus­ge­baut werden. So soll sie bei­spiels­weise prüfen dürfen, ob die Unter­rich­tungs­pflichten des Lan­des­amts für Ver­fas­sungs­schutz im Ver­fas­sungs­schutz­ver­bund ein­ge­halten werden. Zudem soll sie das Recht erhalten, Ein­sicht in Akten und Dateien zu nehmen und Amts­an­ge­hö­rige zu befragen. Dazu ist der Kom­mis­sion auf Ver­langen Zutritt zum Lan­desamt zu gewähren.

Die PKK soll zukünftig vor allem für als geheim ein­ge­stufte Ange­le­gen­heiten zuständig sein. Alle wesent­li­chen, nicht geheim­hal­tungs­be­dürf­tigen Fragen der Ent­wick­lung ver­fas­sungs­feind­li­cher Bestre­bungen sollen im Innen­aus­schuss des Säch­si­schen Land­tags behan­delt werden. Ähn­lich wie auf Bun­des­ebene streben wir an, dass der Prä­si­dent des LfV gemeinsam mit dem Lan­des­po­li­zei­prä­si­denten und dem Prä­si­denten des Lan­des­kri­mi­nal­amts einmal im Jahr in einer öffent­li­chen Anhö­rung dem Innen­aus­schuss Rede und Ant­wort zur Sicher­heits­lage im Land stehen sollen.

3. Zusammenarbeit mit Verfassungsschutzverbund verbessern

Die Anwen­dung der Hand­rei­chung des Bun­des­amtes für Ver­fas­sungs­schutz (BfV) zum Umgang mit Abge­ord­ne­ten­daten ist ein erster Schritt zu einer ver­bes­serten Zusam­men­ar­beit des säch­si­schen Ver­fas­sungs­schutzes mit den anderen Ver­fas­sungs­schutz­be­hörden. Diese muss zukünftig durch einen stär­keren Aus­tausch von Infor­ma­tionen aus­ge­baut werden. Kon­kret betrifft dies die Beob­ach­tung der AfD-Teil­or­ga­ni­sa­tion „Der Flügel“, dessen Mit­glieder sowie deren Akti­vi­täten und Bestre­bungen. Es muss zudem ein län­der­über­grei­fendes und bun­des­weit ein­heit­li­ches Früh­warn­system für rechte Gefährder nach dem Vor­bild des RADAR-iTE für isla­mis­ti­sche Gefährder ein­ge­richtet werden. So können rechts­ter­ro­ris­ti­sche Gefahren besser und früh­zei­tiger erkannt werden.

4. Dienstleister für die Kommunen

Die Kom­munen sind vor Ort unmit­telbar mit demo­kra­tie­feind­li­chen Umtrieben kon­fron­tiert. Dabei stehen den Bür­ger­meis­te­rInnen durchaus Instru­mente zur Ver­fü­gung, um neben den Sicher­heits­be­hörden dagegen vor­zu­gehen. Dazu benö­tigen sie früh­zeitig Infor­ma­tionen über die aktu­elle Situa­tion und Akti­vi­täten in ihrem Ort.

Wir wollen einen Ver­fas­sungs­schutz, der mit den Bür­ger­meis­te­rInnen und demo­kra­ti­schen Akteu­rInnen in den Kom­munen aktiv und ver­trau­ens­voll zusam­men­ar­beitet. Die Öff­nung des Lan­des­amts für Ver­fas­sungs­schutz gegen­über Kom­munen und Insti­tu­tionen der Zivil­ge­sell­schaft halten wir für ele­mentar, vor allem im Hin­blick auf die Nutz­bar­ma­chung und Wei­ter­gabe von Erkennt­nissen über ver­fas­sungs­feind­liche Akti­vi­täten. Die Bera­tungs­tä­tig­keit des Lan­des­amts für Ver­fas­sungs­schutz muss in diesen Fällen aus­ge­weitet werden.