Der 7. November und seine Folgen.

09.11.2020

Die Geschehnisse bei den Versammlungen in Leipzig, aber auch schon zuvor in Dresden oder Bautzen, sorgen zurecht für Unmut und Unverständnis.

Auf der einen Seite müssen harte und tief in Grundrechte eingreifende Maßnahmen ergriffen werden, um die Ausbreitung der Pandemie zu stoppen und auf der anderen Seite versammeln sich viele Tausend Menschen auf engstem Raum unter Missachtung aller Infektionsschutz-Regeln.

Während Gastronomen, Vereine und Kultureinrichtungen wegen Corona schließen müssen, laufen Corona-Leugner randalierend durch Leipzig, es werden Polizisten, Journalisten angegriffen.

 

 Während wir mit allen Mitteln versuchen Risikogruppen zu schützen, veranstalten die Verschwörungstheoretiker eine Polonäse durch die Leipziger Innenstadt. Hier wird der Rechtsstaat, hier werden unsere Werte verhöhnt und am Nasenring durch die Manege gezogen.

Wir haben dafür kein Verständnis. Solche Versammlungen sind unverantwortlich und gefährden massiv die Gesundheit der Bevölkerung.

Für die SPD-Fraktion ist klar, dass diese Vorkommnisse nicht ohne Konsequenzen bleiben dürfen. Und es auch klar, dass es sich nicht wiederholen darf, dass Versammlungen so aus dem Ruder laufen.

Versammlungsgeschehen am 7. November 2020 in Leipzig

 

Am 7. November kam es in Leipzig mit Ansage zu einem inakzeptablen Versammlungsgeschehen:

  • Weit über 20.000 Menschen sind mit dem Vorsatz angereist, sich nicht an die geltenden Regeln (Mundschutz, Abstand, nur stationäre Kundgebung) zu halten.
  • Ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Bautzen hat die Vorkehrungen der Stadt Leipzig zunichte gemacht, die Versammlung außerhalb der engen Innenstadt stattfinden zu lassen.
  • Die Sicherheitsbehörden haben nicht oder nur sehr unzureichend bestehende Auflagen und Infektionsschutz-Regeln durchgesetzt.

  • Die Auflösung der Versammlung war richtig, erfolgte aber zu spät. Völlig inakzeptabel war eine anschließend Demonstration um den Ring in Leipzig, die sowohl durch die Corona-Schutzverordnung als auch durch das OVG-Urteil untersagt war. Von dieser Demonstration ging dokumentiert Gewalt aus.

     

    • Die Versammlung der „Corona-Leugner“ war keineswegs friedlich. Auch der Verstoß gegen den Infektionsschutz ist Gewalt, denn er gefährdet Gesundheit und Leben anderer.  Zudem ging, insbesondere im späteren Verlauf, auch körperliche Gewalt von der Versammlung – insbesondere gegen Polizeibeamte und Journalisten aus.

    • Es gab zahlreiche Übergriffe auf Journalist*innen und Polizeibeamt*innen.

     

      Reaktionen auf die Ereignisse

      Die Ereignisse in Leipzig wurden seitens der SPD-Fraktion und auch bundesweit scharf kritisiert. Im Fokus stehen vor allem die massiven Regelbrüche und dass der Staat nicht in der Lage war, die Infektionsschutzregeln durchzusetzen. 

       

      Einordnung durch Ministerpräsident und Innenminister

      Am 8. November sind der sächsische Ministerpräsident und der Innenmininster vor die Presse getreten, um ihre Sicht der Dinge darzustellen. Diese Pressekonferenz sorgte für viel Verwunderung und Unmut. Im Vorfeld hatte die SPD-Fraktion bereits eine Sondersitzung des Landtagsinnenausschusses gefordert. Diese soll am Donnerstag, 12. November 2020, stattfinden.

      Aus Sicht der SPD-Fraktion hält die Darstellung des Innenministers, es hätte einen friedlichen Verlauf der Corona-Leugner Demonstration gegeben, einen Realitätscheck nicht stand!

      Bedenklich finden wir, dass offenbar schon von vornherein klar war, dass ein Durchsetzen der Auflagen aufgrund der großen Teilnehmerzahl nicht erfolgen wird. Das Signal, dass davon ausgeht, ist verheerend. 

       

      Sachsen darf nicht zum bevorzugten Aufzuggebiet für Corona-Leugner, Verschwörungstheoretiker und Neonazis werden.

       

       

      Was ist jetzt zu tun? Wofür steht die SPD-Fraktion?

      Für die SPD-Fraktion ist klar, dass sich solche Ereignisse nicht wiederholen dürfen.

      Es brauchen eine Neubewertung der Sicherheitslage. Es demonstrieren jede Woche Corona-Leugner, Verschwörungstheoretiker und Neonazis in Sachsen, ohne sich an den Infektionsschutz, sprich an Recht und Ordnung zu halten.

      Aktuell wird das von den Sicherheitsbehörden geduldet. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, die Coronaproteste sehr oft von Neonazis übernommen oder bereits von Anfang von Rechtsextremisten organisiert wurden.

      Bei Versammlungen müssen Auflagen und Infektionsschutz konsequent eingehalten und durchgesetzt werden – egal wie klein oder groß die Versammlung ist. Dabei gilt es, das Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit zu gewährleisten – aber eben entsprechend der Regeln.

      Die Polizei muss in der Lage sein, das auch durchzusetzen – dafür ist der Innenminister verantwortlich.

      Von einer Demo mit Corona-Leugnern geht mindestens eine so große Gefahr aus wie von einer Demo aus der mit Pflastersteinen geworfen werden. Nicht auszuschließen, dass die Aktion gestern einer zweistelligen Zahl von Menschen das Leben kosten wird.

      Wir müssen klar unterscheiden: Wenn ein Gastronom, ein Verein, Kulturschaffende, Soloselbständige unter Einhaltung des Hygieneschutzes gegen die Schließung von Restaurants, Vereinen und Kultureinrichtungen und für bessere staatliche Unterstützung demonstrieren, dann ist das legitim und legal. Wir werden sein Demonstrationsrecht schützen und mit ihm das Gespräch suchen.

      Aber wenn eine gefährliche Mischung aus Corona-Leugner, Verschwörungstheoretiker und Neonazis unter bewusster Missachtung des Hygieneschutzes tausendfache Rechtsverstöße begehen und aus ihren Demonstrationen gewalttätige Attacken gestartet werden, ist das Missbrauch des Demonstrationsrechts. Das ist in Leipzig passiert. Das darf sich nie mehr wiederholen.

      Bundesweite Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden. Das Netzwerk der Corona-Leugner agiert bundesweit, hoch flexibel und hoch mobilisiert. Wir müssen bei Demonstrationen wie in Leipzig schon bei der Bus- und Zuganreise auf Verstöße gegen den Infektionsschutz achten und wo notwendig die Anreise unterbinden.

      Geltende Regeln und Verfahren müssen kritisch hinterfragt und angepasst werden. Wenn so etwas wie in Leipzig passiert, kann nicht jeder alles richtig gemacht haben. Die Einsatzkonzepte der Polizei müssen angepasst werden, die Auflagen der Versammlungsbehörden müssen so gestaltet werden, dass sie vor Gericht standhalten. Aber auch ein Oberverwaltungsgericht muss sich Fragen lassen, ob seine Entscheidung wirklich angemessen und richtig war. Nicht zuletzt muss auch die Corona-Schutzverordnung überprüft werden. Wir brauchen z.B. eine Klarstellung zu erlaubten und verbotenem Reiseverhalten. 

      All dies wird die SPD-Fraktion in den kommendenen Sitzungen von Innen- und Rechtsausschuss, aber auch in Richtung der Regierung und der Koalitionspartner, thematisieren.