Die Gescheh­nisse bei den Ver­samm­lungen in Leipzig, aber auch schon zuvor in Dresden oder Bautzen, sorgen zurecht für Unmut und Unver­ständnis.

Auf der einen Seite müssen harte und tief in Grund­rechte ein­grei­fende Maß­nahmen ergriffen werden, um die Aus­brei­tung der Pan­demie zu stoppen und auf der anderen Seite ver­sam­meln sich viele Tau­send Men­schen auf engstem Raum unter Miss­ach­tung aller Infek­ti­ons­schutz-Regeln.

Wäh­rend Gas­tro­nomen, Ver­eine und Kul­tur­ein­rich­tungen wegen Corona schließen müssen, laufen Corona-Leugner ran­da­lie­rend durch Leipzig, es werden Poli­zisten, Jour­na­listen ange­griffen.

 

Wäh­rend wir mit allen Mit­teln ver­su­chen Risi­ko­gruppen zu schützen, ver­an­stalten die Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker eine Polo­näse durch die Leip­ziger Innen­stadt. Hier wird der Rechts­staat, hier werden unsere Werte ver­höhnt und am Nasen­ring durch die Manege gezogen.

Wir haben dafür kein Ver­ständnis. Solche Ver­samm­lungen sind unver­ant­wort­lich und gefährden massiv die Gesund­heit der Bevöl­ke­rung.

Für die SPD-Frak­tion ist klar, dass diese Vor­komm­nisse nicht ohne Kon­se­quenzen bleiben dürfen. Und es auch klar, dass es sich nicht wie­der­holen darf, dass Ver­samm­lungen so aus dem Ruder laufen.

Versammlungsgeschehen am 7. November 2020 in Leipzig

 

Am 7. November kam es in Leipzig mit Ansage zu einem inak­zep­ta­blen Ver­samm­lungs­ge­schehen:

  • Weit über 20.000 Men­schen sind mit dem Vor­satz ange­reist, sich nicht an die gel­tenden Regeln (Mund­schutz, Abstand, nur sta­tio­näre Kund­ge­bung) zu halten.
  • Ein Urteil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richtes Bautzen hat die Vor­keh­rungen der Stadt Leipzig zunichte gemacht, die Ver­samm­lung außer­halb der engen Innen­stadt statt­finden zu lassen.
  • Die Sicher­heits­be­hörden haben nicht oder nur sehr unzu­rei­chend bestehende Auf­lagen und Infek­ti­ons­schutz-Regeln durch­ge­setzt.

  • Die Auf­lö­sung der Ver­samm­lung war richtig, erfolgte aber zu spät. Völlig inak­zep­tabel war eine anschlie­ßend Demons­tra­tion um den Ring in Leipzig, die sowohl durch die Corona-Schutz­ver­ord­nung als auch durch das OVG-Urteil unter­sagt war. Von dieser Demons­tra­tion ging doku­men­tiert Gewalt aus.

     

    • Die Ver­samm­lung der „Corona-Leugner” war kei­nes­wegs fried­lich. Auch der Ver­stoß gegen den Infek­ti­ons­schutz ist Gewalt, denn er gefährdet Gesund­heit und Leben anderer.  Zudem ging, ins­be­son­dere im spä­teren Ver­lauf, auch kör­per­liche Gewalt von der Ver­samm­lung – ins­be­son­dere gegen Poli­zei­be­amte und Jour­na­listen aus.

    • Es gab zahl­reiche Über­griffe auf Journalist*innen und Polizeibeamt*innen.

     

      Reaktionen auf die Ereignisse

      Die Ereig­nisse in Leipzig wurden sei­tens der SPD-Frak­tion und auch bun­des­weit scharf kri­ti­siert. Im Fokus stehen vor allem die mas­siven Regel­brüche und dass der Staat nicht in der Lage war, die Infek­ti­ons­schutz­re­geln durch­zu­setzen. 

       

      Einordnung durch Ministerpräsident und Innenminister

      Am 8. November sind der säch­si­sche Minis­ter­prä­si­dent und der Innen­min­inster vor die Presse getreten, um ihre Sicht der Dinge dar­zu­stellen. Diese Pres­se­kon­fe­renz sorgte für viel Ver­wun­de­rung und Unmut. Im Vor­feld hatte die SPD-Frak­tion bereits eine Son­der­sit­zung des Land­tags­in­nen­aus­schusses gefor­dert. Diese soll am Don­nerstag, 12. November 2020, statt­finden.

      Aus Sicht der SPD-Frak­tion hält die Dar­stel­lung des Innen­mi­nis­ters, es hätte einen fried­li­chen Ver­lauf der Corona-Leugner Demons­tra­tion gegeben, einen Rea­li­täts­check nicht stand!

      Bedenk­lich finden wir, dass offenbar schon von vorn­herein klar war, dass ein Durch­setzen der Auf­lagen auf­grund der großen Teil­neh­mer­zahl nicht erfolgen wird. Das Signal, dass davon aus­geht, ist ver­hee­rend. 

       

      Sachsen darf nicht zum bevor­zugten Auf­zug­ge­biet für Corona-Leugner, Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker und Neo­nazis werden.

       

       

      Was ist jetzt zu tun? Wofür steht die SPD-Fraktion?

      Für die SPD-Frak­tion ist klar, dass sich solche Ereig­nisse nicht wie­der­holen dürfen.

      Es brau­chen eine Neu­be­wer­tung der Sicher­heits­lage. Es demons­trieren jede Woche Corona-Leugner, Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker und Neo­nazis in Sachsen, ohne sich an den Infek­ti­ons­schutz, sprich an Recht und Ord­nung zu halten.

      Aktuell wird das von den Sicher­heits­be­hörden geduldet. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, die Coro­na­pro­teste sehr oft von Neo­nazis über­nommen oder bereits von Anfang von Rechts­extre­misten orga­ni­siert wurden.

      Bei Ver­samm­lungen müssen Auf­lagen und Infek­ti­ons­schutz kon­se­quent ein­ge­halten und durch­ge­setzt werden – egal wie klein oder groß die Ver­samm­lung ist. Dabei gilt es, das Ver­samm­lungs­frei­heit und Mei­nungs­frei­heit zu gewähr­leisten – aber eben ent­spre­chend der Regeln.

      Die Polizei muss in der Lage sein, das auch durch­zu­setzen – dafür ist der Innen­mi­nister ver­ant­wort­lich.

      Von einer Demo mit Corona-Leug­nern geht min­des­tens eine so große Gefahr aus wie von einer Demo aus der mit Pflas­ter­steinen geworfen werden. Nicht aus­zu­schließen, dass die Aktion ges­tern einer zwei­stel­ligen Zahl von Men­schen das Leben kosten wird.

      Wir müssen klar unter­scheiden: Wenn ein Gas­tronom, ein Verein, Kul­tur­schaf­fende, Solo­selb­stän­dige unter Ein­hal­tung des Hygie­ne­schutzes gegen die Schlie­ßung von Restau­rants, Ver­einen und Kul­tur­ein­rich­tungen und für bes­sere staat­liche Unter­stüt­zung demons­trieren, dann ist das legitim und legal. Wir werden sein Demons­tra­ti­ons­recht schützen und mit ihm das Gespräch suchen.

      Aber wenn eine gefähr­liche Mischung aus Corona-Leugner, Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker und Neo­nazis unter bewusster Miss­ach­tung des Hygie­ne­schutzes tau­send­fache Rechts­ver­stöße begehen und aus ihren Demons­tra­tionen gewalt­tä­tige Atta­cken gestartet werden, ist das Miss­brauch des Demons­tra­ti­ons­rechts. Das ist in Leipzig pas­siert. Das darf sich nie mehr wie­der­holen.

      Bun­des­weite Zusam­men­ar­beit der Sicher­heits­be­hörden. Das Netz­werk der Corona-Leugner agiert bun­des­weit, hoch fle­xibel und hoch mobi­li­siert. Wir müssen bei Demons­tra­tionen wie in Leipzig schon bei der Bus- und Zug­an­reise auf Ver­stöße gegen den Infek­ti­ons­schutz achten und wo not­wendig die Anreise unter­binden.

      Gel­tende Regeln und Ver­fahren müssen kri­tisch hin­ter­fragt und ange­passt werden. Wenn so etwas wie in Leipzig pas­siert, kann nicht jeder alles richtig gemacht haben. Die Ein­satz­kon­zepte der Polizei müssen ange­passt werden, die Auf­lagen der Ver­samm­lungs­be­hörden müssen so gestaltet werden, dass sie vor Gericht stand­halten. Aber auch ein Ober­ver­wal­tungs­ge­richt muss sich Fragen lassen, ob seine Ent­schei­dung wirk­lich ange­messen und richtig war. Nicht zuletzt muss auch die Corona-Schutz­ver­ord­nung über­prüft werden. Wir brau­chen z.B. eine Klar­stel­lung zu erlaubten und ver­bo­tenem Rei­se­ver­halten. 

      All dies wird die SPD-Frak­tion in den kom­men­denen Sit­zungen von Innen- und Rechts­aus­schuss, aber auch in Rich­tung der Regie­rung und der Koali­ti­ons­partner, the­ma­ti­sieren.

      Aktuelle Meldungen

      Aktuelle Fragen und Antworten.

      Muss das Versammlungsrecht weiter eingeschränkt werden?

      Die Ein­schrän­kung von Grund­rechten muss so gering wie mög­lich gehalten werden. Das gilt auch für das Ver­samm­lungs­recht. Des­halb sind Ver­samm­lungen grund­sätz­lich erlaubt. Aber natür­lich muss der Infek­ti­ons­schutz funk­tio­nieren. Die nun getrof­fene Rege­lung sieht für alle Ver­samm­lungen grund­sätz­lich eine Mas­ken­pflicht und 1,5 Meter Min­dest­ab­stand zwi­schen den Teil­neh­mern vor. Auch Ver­samm­lungen mit mehr als 1.000 Teilnehmer*innen bleiben mög­lich. Aber hier müssen die Anmelder*innen zusätz­liche Maß­nahmen treffen, um das Infek­ti­ons­ri­siko zu mini­mieren.

      Ent­schei­dend bleibt, dass Auf­lagen kon­se­quent durch­ge­setzt werden, egal ob 500, 5.000 oder 50.000 Men­schen demons­trieren. Denn natür­lich gilt auch wei­terhin das Ver­samm­lungs­ge­setz: Wenn eine Ver­samm­lung die öffent­liche Sicher­heit oder Ord­nung gefährdet, muss die Polizei Maß­nahmen ergreifen, sie beschränken oder in letzter Kon­se­quenz auf­lösen.

      Sind Versammlungen über 1.000 Teilnehmer*innen verboten?

      Nein. Für Ver­samm­lungen mit über 1.000 Teilnehmer*innen sind neben obli­ga­to­ri­scher Mund-Nase-Bede­ckung und Min­dest­ab­stand auch tech­ni­sche und orga­ni­sa­to­ri­sche Maß­nahmen not­wendig, die das Infek­ti­ons­ri­siko auf ein ver­tret­bares Maß redu­zieren. Auf­züge bleiben wei­terhin unter­sagt.

      Sollten Versammlungen ab einer bestimmten Teilnehmerzahl grundsätzlich verboten werden?

      Nein, Maß­stab ist immer der Infek­ti­ons­schutz. Bei allen Ver­samm­lungen – ganz egal mit wie viel Teil­neh­mern – muss das Tragen der Mund-Nasen-Bede­ckung und die Ein­hal­tung der Abstände zur Auf­lage gemacht werden. Wird gegen diese oder even­tuell wei­tere not­wen­dige Auf­lage ver­stoßen, ist die Ver­samm­lung auf­zu­lösen.

      Ent­schei­dend bleibt: Die Polizei muss den Infek­ti­ons­schutz durch­setzen. Wir wollen nicht, dass die Polizei Ver­samm­lungs­ver­bote durch­setzen muss, wir wollen, dass sie Hygie­ne­maß­nahmen durch­setzt.

      Funktioniert die Koalition noch?

      Natür­lich läuft es nicht an jeder Stelle per­fekt, aber Ja, ganz klar: Diese Koali­tion funk­tio­niert. Ein­zelne Streit­punkte und Fehler stellen nicht das Ganze in Frage. Wir haben ein hohes Inter­esse daran, dass diese Koali­tion ruhig und kon­zen­triert arbeiten kann. Die Koali­tion muss jetzt funk­tio­nieren. Denn wir haben wich­tige Auf­gaben: Den klugen Umgang mit Corona, die Siche­rung der wirt­schaft­li­chen und sozialen Leis­tungs­fä­hig­keit, den Beschluss des Haus­halts.

      All das ver­trägt keine zusätz­li­chen Belas­tungen. Jedes Res­sort muss seine Arbeit gewis­sen­haft und in guter Qua­lität ver­richten. Und der Minis­ter­prä­si­dent muss das sicher­stellen. Die CDU muss des­halb jetzt klären, wie die Pro­bleme im Innen­mi­nis­te­rium gelöst werden können. Schnell und kon­se­quent.

      Fordert die SPD-Fraktion den Rücktritt des Innenministers?

      Wir for­dern ein Innen­mi­nis­te­rium, das gewis­sen­haft und in guter Qua­lität arbeitet.

      Arbeitet das Innenministerium gut?

      Nicht nur die Ereig­nisse in Leipzig, son­dern auch die Vor­komm­nisse der ver­gan­genen Monate (Fahr­rad­gate, Ver­fas­sungs­schutz) legen einen anderen Ein­druck nahe.

      Droht die SPD mit Koalitionsbruch, wenn der Innenminister im Amt bleibt?

      Nein, dieses Land braucht keine Krise und keine Neu­wahl, son­dern gute und sach­liche Arbeit in und durch die Koali­tion. Wir brau­chen eine arbeits­fä­hige und kom­pe­tente Staats­re­gie­rung – in allen Berei­chen.