Pallas: „Querdenker“ lassen Maske fallen

7. November 2020

+++ Chaoten miss­brau­chen Ver­samm­lungs­recht +++ Staat darf sich von Coro­na­leug­nern nicht auf Nase her­um­tanzen lassen  +++ SPD will Son­der­sit­zung des Innen­aus­schusses zur Aus­wer­tung des Ein­satzes +++

Albrecht Pallas, Spre­cher für Innen­po­litik der SPD-Frak­tion im Säch­si­schen Landtag, zum Ver­samm­lungs­ge­schehen in Leipzig:

„Der heu­tige Tag in Leipzig hat gezeigt, dass die soge­nannten Quer­denker gefähr­liche Rechts­bre­cher sind, die zusätz­lich noch von gewalt­be­reiten Faschisten durch­setzt sind. So ging von einigen Teil­neh­mern Gewalt aus, die sich gegen die Polizei, gegen Jour­na­listen und die Teil­nehmer an anderen Ver­samm­lungen rich­tete. Die von der Ver­samm­lungs­be­hörde ange­ord­neten Min­dest­ab­stände und die Ver­pflich­tung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes wurden durch über 90 Pro­zent der Teil­nehmer nicht erfüllt. Chaoten miss­brauchten das Ver­samm­lungs­recht und gefähr­deten tau­sende Men­schen in Leipzig und nicht zuletzt die Ein­satz­kräfte. Des­halb danke ich den ein­ge­setzten Kräften der Polizei, der Stadt Leipzig, aber auch der Hilfs­or­ga­ni­sa­tionen und den Jour­na­listen für ihre heute teils gefähr­liche Arbeit.

Es ist in Ord­nung, über die Infek­ti­ons­schutz-Maß­nahmen zu dis­ku­tieren, seine Mei­nung dazu zu äußern und auch sich zu ver­sam­meln. Aber es gibt Regeln, die gelten für alle. Mir fehlt jedes Ver­ständnis dafür, dass sich manche über andere stellen. Mir fehlt jedes Ver­ständnis dafür, dass über 20.000 Men­schen aus ganz Deutsch­land mit Ansage gegen Regeln zum Schutz anderer ver­stoßen. Mir fehlt das Ver­ständnis dafür gerade des­halb, weil gleich­zeitig ganze Berufs­gruppen nicht arbeiten können, sich die Mehr­heit der Gesell­schaft soli­da­risch an die Corona-Regeln hält und in den hoch­be­las­teten Kran­ken­häu­sern Ärzte und Pfleger um Men­schen­leben kämpfen. Die Quer­denken-Demo war ego­is­tisch, ver­ant­wor­tungslos und sehr gefähr­lich.

Die Ver­samm­lungs­frei­heit gilt auch in der Pan­demie. Aber sie muss in ein ange­mes­senes Ver­hältnis zum Schutz für Leben und Gesund­heit von Tau­senden gesetzt werden. Ver­samm­lungs­frei­heit bedingt auch Ver­ant­wor­tung gegen­über den Mit­men­schen und ihren Grund­rechten. Des­halb ist der Beschluss des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts (OVG) von letzter Nacht um so unver­ständ­li­cher. Die Befürch­tungen der Stadt Leipzig haben sich bestä­tigt. Es gab sei­tens der Quer­denken-Ver­samm­lung keine Bereit­schaft, sich an Regeln zu halten. Dies war absehbar, wes­halb die Groß­de­mons­tra­tion eigent­lich an die Neue Messe ver­legt werden sollte. Unver­ständ­lich ist auch, wes­halb das OVG der Öffent­lich­keit kei­nerlei Begrün­dung gelie­fert, son­dern nur einen Beschluss per Pres­se­mit­tei­lung ver­öf­fent­licht hat. Wir können nur hoffen, dass die Gerichte bei zukünf­tigen Ent­schei­dungen die heu­tigen Erfah­rungen berück­sich­tigen.

Stadt Leipzig und Polizei waren zunächst eng an diese Ent­schei­dung vom OVG gebunden. Sie mussten ver­su­chen, die Ver­samm­lung auf dem Augus­tus­platz zu ermög­li­chen und die Auf­lagen durch­zu­setzen. Aber Infek­ti­ons­schutz-Maß­nahmen gelten für alle, egal ob man sein Recht auf Ver­samm­lungs­frei­heit ausübt oder nicht. Ich frage mich, warum bis dahin nicht direkt gegen Ver­stöße vor­ge­gangen wurde. Die spä­tere Auf­lö­sung der Ver­samm­lung und Platz­ver­weise gegen die Teil­neh­menden war hin­gegen kon­se­quent. Dass aller­dings ein Groß­teil der soge­nannten Quer­denker später doch um den Ring laufen konnte, ist nicht akzep­tabel. Der Staat hat sich von Coro­na­leug­nern auf der Nase her­um­tanzen lassen.

Es bleiben aus Sicht der SPD noch Fragen zum Ein­satz offen: Warum wurden Auf­lagen nicht durch­ge­setzt? Wieso konnte eine nicht ange­mel­dete, Demons­tra­tion um den Ring laufen, obwohl Auf­züge gene­rell unter­sagt sind und auch von keinem Gericht geneh­migt wurden? Wie wurde nach den Erfah­rungen mit den Corona-Leugner-Demos in Berlin und Dresden der Ein­satz vor­be­reitet?

Der Innen­aus­schuss des Land­tags muss sich zügig in einer Son­der­sit­zung mit den Pla­nungen und der Durch­füh­rung des Poli­zei­ein­satzes befassen.“