Teilhabe ist kein Luxus: Landesblindengeld wird 2022 erhöht

21. Dezember 2021

In Sachsen wir das Lan­des­blin­den­geld 2022 erhöht. Den Weg hat dafür heute der Landtag frei­ge­macht. Die Erhö­hung gilt ab Januar 2022. Dafür stehen 2022 und 2023 jeweils rund 31 Mil­lionen Euro zur Ver­fü­gung. Von der Erhö­hung pro­fi­tieren rund 13.650 Säch­sinnen und Sachsen.


Erhö­hung des Lan­des­blin­den­geldes ab Januar 2022

  • das monat­liche Lan­des­blin­den­geld wird auf 380 Euro pro Monat erhöht, der­zeit liegt es bei monat­lich 350 Euro
  • der Nach­teils­aus­gleich für hoch­gradig seh­be­hin­derte Men­sche soll von 80 auf 100 Euro monat­lich erhöht werden
  • der Nach­teils­aus­gleich wird für gehör­lose Men­schen von 130 auf 150 Euro monat­lich erhöht 
  • der Nach­teils­aus­gleich wird für schwerst­be­hin­derte Kinder von 100 auf 120 Euro monat­lich erhöht 
  • der Nach­teils­aus­gleich wird für taub­blinde Men­schen von 300 auf 320 Euro monat­lich erhöht

     

Was ist das Lan­des­blin­den­geld?

Beim Lan­des­blin­den­geld han­delt es sich um keine Sym­bol­po­litik, son­dern eine echte Hilfe. Für die­je­nigen, die im Alltag auf Hilfs­mittel und Unter­stüt­zung ange­wiesen sind. Der Begriff ist dabei ein wenig irre­füh­rend, denn dahinter ste­cken auch Leis­tungen für gehör­lose und taub­blinde Men­schen sowie schwer­be­hin­derte Kinder. Mit der Erhö­hung sollen Betrof­fene bei der Finan­zie­rung not­wen­diger Dienst- und Hilfs­leis­tungen unter­stützt werden. Denn bei­spiels­weise Bücher in Braille­schrift, spe­ziell geschlif­fene Gläser für Kin­der­brillen oder Dol­met­scher ermög­li­chen Men­schen mit Behin­de­rung Teil­habe am Leben, sind aber oft für die Betrof­fenen sehr kost­spielig – da hoch­spe­zia­li­siert. Genau an dieser Stelle soll das Lan­des­blin­den­geld unter­stützen. Denn Teil­habe ist kein Luxus!

Als Koali­tion war es uns daher wichtig, dass wir die im Koali­ti­ons­ver­trag fest­ge­hal­tene Anpas­sung der Leis­tungen nach dem Lan­des­blin­den­geld­ge­setz wie ver­ein­bart im Dop­pel­haus­halt 2021/2022 angehen. Die Pan­demie und die damit ein­her­ge­henden finan­zi­ellen Belas­tungen des Staats­haus­halts haben dieses Anliegen nicht gerade ver­ein­facht.

Nichts­des­to­trotz haben wir uns inner­halb der Koali­tion darauf ver­stän­digt im Haus­halts­ver­fahren zusätz­lich über 3,7 Mio. Euro genau hierfür zur Ver­fü­gung zu stellen. Geld, was direkt bei den Betrof­fenen ankommt. Dieser Schritt bedeutet für die Betrof­fenen nicht nur mehr Geld, son­dern ist auch ein wich­tiges Signal: Auch wenn die Haus­halts­mittel knapp sind, wird gerade in Zeiten der Pan­demie an die gedacht, die beson­dere Unter­stüt­zung brau­chen.

Wir setzen uns dafür ein, dass auf viel­fäl­tige Weise Nach­teile aus­ge­gli­chen werden. Durch eine monat­liche Zah­lung, wie dem Lan­des­blin­den­geld, aber auch durch den Abbau von Bar­rieren im Alltag. Vor diesem Hin­ter­grund betrachten wir den Erhö­hung des Lan­des­blin­den­geldes und das Pro­gramm „Sachsen bar­rie­re­frei 2030“ als Gesamt­paket. Für das Pro­gramm wurden 5,2 Mio. Euro ein­ge­stellt.


Wie geht es weiter?


Wichtig ist uns, dass das Lan­des­blin­den­geld künftig regel­mäßig ange­passt wird. Lange Zeit gab es kei­nerlei oder keine nen­nens­werte Erhö­hungen des Nach­teils­aus­gleichs. Das war für uns nicht tragbar, denn fernab jeg­li­cher realer Preis­ent­wick­lungen für not­wen­dige Hilfs- und Dienst­leis­tungen. Für uns ist dabei klar, dass wei­tere Anpas­sungen bei den Nach­teils­aus­glei­chen regel­mäßig erfolgen müssen.

Die Anhö­rungen im Sozi­al­aus­schuss – die im Rahmen von sol­chen Geset­zes­in­itia­tiven immer im the­ma­tisch zustän­digen Aus­schuss durch­ge­führt werden – zeigten wei­tere Hand­lungs­be­darfe auf. Die Anre­gungen und Schil­de­rungen nehmen wir sehr ernst. So unter­stützen wir als SPD-Frak­tion u.a. die For­de­rung nach einer Dyna­mi­sie­rung der Leis­tungen. An diesem Punkt sind wir aber inner­halb der Koali­tion noch nicht.

Als SPD-Land­tags­frak­tion setzen wir uns zudem für eine Erwei­te­rung des Kreises der Anspruchs­be­rech­tigten aus. Wir treten dafür ein,


1) dass alle gehör­losen Men­schen, die nach dem 7. Lebens­jahr ertaubt sind, auch end­lich leis­tungs­be­rech­tigt werden. Es ist unge­recht, sie aus­zu­schließen und wir werden uns weiter für sie enga­gieren.

2) dass Men­schen, die fort­schrei­tende Krank­heiten haben, die unab­dingbar im Ver­lust des Sehens münden wie bei­spiels­weise das Usher Syn­drom das Taub­blin­den­geld nicht erst bei voll­stän­digem Erblinden erhalten. So viel Sicher­heit sollte für Men­schen mit pro­gres­siven Erkran­kungen mög­lich sein. 


Zugleich regen wir eine Ände­rung der Bezeich­nung an. Denn unter das Blin­den­geld fallen der­zeit auch bei­spiels­weise Hilfen für Gehör­lose und schwerst­be­hin­derte Kinder. Wir können uns daher auch vor­stellen, einen Inku­si­ons­budget für alle diese Gruppen zu ent­wi­ckeln und den alten Begriff abzu­lösen. 

 

 

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Zusammen mit den weiteren Instrumenten, die uns für Barrierefreiheit und Teilhabe zur Verfügung stehen, werden wir spürbare Fortschritte für Menschen mit Behinderung im Freistaat erzielen. das liegt uns am Herzen.

Hanka Kliese, inklu­si­ons­po­li­ti­sche Spre­cherin

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Hanka Kliese

Lange Zeit wurden in Sachsen das Lan­des­blin­den­geld nicht erhöht. Gleich­zeitig sind die Kosten für das Leben gestiegen, etwa für Strom, den gehör­lose Men­schen etwas mehr als Hörende brau­chen, um in der Däm­me­rung und im Dun­keln noch ihre Gebärden zu sehen. Auch die Hilfs­mittel für blinde und seh­be­hin­derte Men­schen sind teurer geworden. Auch weil sie moderner geworden sind, was grund­sätz­lich zu begrüßen ist.

Der Frei­staat blieb lange hinter den For­de­rungen der Ver­bände zurück. In der letzten Legis­latur gelang es in der rot-schwarzen Koali­tion, sich auf eine Anhe­bung des Nach­teils­aus­gleichs zu einigen. 

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Doch wir waren uns auch damals bereits bewusst, dass die nächste Erhö­hung rascher kommen muss. Eine Dyna­mi­sie­rung würde dieses Pro­blem unkom­pli­ziert lösen, ist aber bei den Koali­ti­ons­ver­hand­lungen 2019 nicht Kon­sens gewesen, eine Erhö­hung hin­gegen schon.

Teil­habe ist kein Luxus. Wir haben bei der Erhö­hung daher sehr bewusst darauf geachtet, Beträge zu wählen, die bei den Men­schen spürbar und direkt ankommen. Das ist bei 20–30 Euro monat­lich der Fall. Die For­de­rungen nach mehr Geld ver­stehe ich, den­noch bitte ich an der Stelle um ein aus­ge­gli­chenes Urteil: In dieser finan­ziell außer­or­dent­li­chen Situa­tion zusätz­lich 3,7 Mil­lionen Euro jähr­lich ein­zu­stellen, das ist keine Peti­tesse.