Gesetze, Große Anfragen und Kurzinterventionen – Normalität im Sächsischen Landtag. Doch was genau passiert da?

29. März 2023

Seit zwei Monaten bin ich, Jakob, Prak­ti­kant in der Pres­se­stelle der SPD-Frak­tion im Säch­si­schen Landtag. In dem nach­fol­genden Text möchte ich über meine Erleb­nisse und Erfah­rungen wäh­rend der zwei Ple­nar­wo­chen im Februar und März berichten sowie einen inter­es­santen Tages­ord­nungs­punkt vor­stellen. 

 

Die Ple­nar­sit­zungen sind der Höhe­punkt und das Herz­stück des Säch­si­schen Land­tages. Hier werden Gesetze ver­ab­schiedet, Anträge beschlossen oder in Aktu­ellen Stunden über tages­ak­tu­elle und weg­wei­sende Themen für den Säch­si­schen Frei­staat dis­ku­tiert, abge­stimmt und manchmal auch gestritten. Der Säch­si­sche Landtag arbeitet in einem vier Wochen Rhythmus. Alle vier Wochen wie­der­holen sich die Plenar‑, Ausschuss‑, Arbeits­kreis- und Wahl­kreis­wo­chen. 

Die Aus­schuss- und Arbeits­kreiswochen werden genutzt, um in der Koali­tion und den Frak­tionen über Anträge und Gesetze zu beraten und sich eine Argu­men­ta­ti­ons­stra­tegie zu über­legen. Es ist die Vor­ar­beit für das Plenum, es werden die Vor­lagen intensiv bear­beitet und die Beschlüsse für das Plenum vor­be­reitet. Wäh­rend der Aus­schuss­sit­zungen lässt sich auch ein erstes Stim­mungs­bild der Frak­tionen und Abge­ord­neten erkennen. 

Der Beginn des Ple­nums ist in der Regel um 10 Uhr und wird durch den Land­tags­prä­si­denten eröffnet. Der Land­tags­prä­si­dent und seine Vizepräsident:innen leiten die Sit­zungen. Meist gehen diese bis zum Abend oder bei beson­deren Ver­hand­lungen, wie zum Bei­spiel zum Dop­pel­haus­halt 23/24, können die Sit­zungen bis in die Nacht­stunden andauern.  Der Ablauf der Ple­nar­sit­zungen und die Rede­zeiten der jewei­ligen Frak­tionen werden vom Land­tags­prä­si­denten fest­ge­legt und im ersten Tages­ord­nungs­punkt beschlossen. 

In den fol­genden Stunden wird dann über die Tages­ord­nungs­punkte dis­ku­tiert und abge­stimmt. Jede Frak­tion hat die Mög­lich­keit, durch Redner:innen ihre Posi­tion dar­zu­legen und ihr Abstim­mungs­ver­halten zu begründen. Für die Staats­re­gie­rung, genauer gesagt für die Minster:innen der zu dem Tages­ord­nungs­punkt pas­senden Themen haben im Anschluss der Rede­zeit der Frak­tionen die Mög­lich­keit, ihre Mei­nung zu erklären und auch über den aktu­ellen Stand zu dem jewei­ligen Thema zu berichten. Mit ins­ge­samt 23 ver­schie­denen Tages­ord­nungs­punkten an beiden Tagen war es ein guter Start in das neue Ple­nar­jahr 2023. Vom Ukraine-Kon­flikt, dem Schaffen von Per­spek­tiven für Kunst und Kultur bis hin zur “Arbeits­welt von morgen” gab es eine große Viel­falt an Themen. Nicht jede Abstim­mung im Plenum ist die Ver­ab­schie­dung eines neuen Gesetzes, oft wird über Beschlüsse, Anträge, Wahl­vor­schläge abge­stimmt. 

 

Doch vieles findet an Ple­nar­tagen auch außer­halb des Ple­nums statt. Viele Besucher:innen, Schul­klassen oder Medienvertreter:innen sind im Säch­si­schen Landtag und ver­folgen inter­es­siert die Debatten, dis­ku­tieren bei Füh­rungen oder führen Inter­views mit den Abge­ord­neten. Für mich als Prak­ti­kant waren die Abläufe im Plenum und rund um die Ple­nar­tage sehr inter­es­sant. Alle Frak­tionen standen in regem Aus­tausch, es wurde über Ände­rungen in Beschlüssen und Anträge dis­ku­tiert oder sich über kom­mende Gesetze oder Initia­tiven beraten. 

 

Aus den 23 Tages­ord­nungs­punkte habe ich mir eine Top 3 erstellt, die ich euch natür­lich nicht vor­ent­halten möchte.
Anmerken möchte ich, dass ich die Top 3 nicht danach erstellt habe, wel­chen Antrag etc. ich zustimme etc., son­dern bei dem ich das Thema und die Argu­men­ta­tionen der ver­schie­denen  Frak­tionen span­nend fand.

 

Der Don­nerstag star­tete mit der aktu­ellen Debatte der Frak­tion Die Linke – Zusammen geht mehr.‘ – Respekt, Aner­ken­nung und Soli­da­rität für die Beschäf­tigten – Hände weg vom Streik­recht!”.

Auf­grund der aktu­ellen Situa­tion hat mich diese Debatte sehr inter­es­siert und habe sie kurz für euch zusam­men­ge­fasst. Seit Wochen streiken und ver­han­deln in Deutsch­land ver­schie­dene Gewerk­schaften, um mehr Lohn für Arbeitnehmer:innen zu for­dern.
Die CDU for­derte in dem Zusam­men­hang eine Ver­schär­fung des Streik­rechtes. Die Debatte war von der Dis­kus­sion über die Not­wen­dig­keit und Nutzen von Gewerk­schaften und Streiks geprägt. Es wurde betont, dass das Streik­recht ein Grund­recht ist und dadurch „unan­tastbar” bleiben muss. Die Streiks seien auch das letzte Mittel von Gewerk­schaften und Arbeitnehmer:innen, um auf ihre For­de­rungen auf­merksam zu machen. Damit kann großer Druck auf die Arbeitgeber:innen ausübt werden, um die For­de­rungen der Strei­kenden zu errei­chen. Es streikt also nie­mand für sich selbst, durch Gewerk­schaften konnten in den letzten Monaten und Jahren viele neuen Tarif­ver­träge mit deut­li­chen Ver­bes­se­rungen für Arbeitnehmer:innen erkämpft werden. Am Ende der Debatte waren sich alle Frak­tionen einig, dass eine Beschrän­kung des Streik­rechts nicht rech­tens ist. Soein wich­tiges Mittel der Gewerk­schaften zur Durch­set­zung von neuen Tarif­ver­trägen darf nicht ange­tastet werden. 

 

Ple­nar­wo­chen könnte man als die hek­ti­schen Wochen beschreiben. Gänge und Büros des Land­tags werden von Laut­spre­chern beschallt, so dass man immer weiß, wer gerade im Plenum eine Rede hält. Auf den Gängen läuft man aller­hand Leute ent­gegen, die Park­plätze vor dem Landtag sind voller schwarzer Limou­sinen und Fah­rern. Egal ob Themen wie Zukunfts­in­ves­tionen, Gleich­stel­lung im Frei­staat oder Här­te­fall­fonds für Ostrenter:innen.  Im Plenum konnte man sehen, wie Themen und Inhalte, an denen man mit­ge­wirkt hat, nach außen getragen werden und Hand und Fuß fassen. Die Ple­nar­wo­chen haben wir genau damit ver­bracht, wofür sie da sind – auf der Gäs­te­tri­büne des Ple­nar­saals zu sitzen und dem Plenum gespannt lau­schen. Ich kann jedem/​jeder wei­teren Praktikant:in in der SPD-Frak­tion emp­fehlen, sich min­des­tens einmal wäh­rend des Prak­ti­kums in das Plenum zu setzen. 

In einem aus­führ­li­chen Prak­ti­kums­be­richt könnt Ihr vieles über die Auf­gaben und die Zeit als Prak­ti­kant in der SPD-Frak­tion erfahren.  

Plenarsitzung

Ist die “Voll­ver­samm­lung” des Land­tages mit all seinen Abge­ord­neten. Par­teien und Abge­ord­nete ver­han­deln im öffent­li­chen, behan­deln Geset­zes­ent­würfe und Anträge und führen Wahlen durch.

Arbeitskreis

Arbeits­kreise oder kurz “AK” sind interne Gre­mien, welche einen fach­li­chen Fokus haben. Inneres, Sport, Klima, Haus­halt oder Wirt­schaft sind einem AK zuge­hörig; Soziales, Bil­dung, Recht und Ver­fas­sung wieder einem anderen “AK”. Das beson­dere an den “AKs” ist, dass die Minister:innen/Staatssekretär:innen per­sön­lich bei der Frak­tion erscheinen, um sich den Fragen der Fachsprecher:innen zu stellen und diese auch über gewünschte Themen zu infor­mieren. In einem klei­neren Kreis kann so viel tief­grei­fender und per­sön­li­cher auf poli­ti­sche Sach­ver­halte ein­ge­gangen werden

Landtagspräsident

ist der Par­la­ments­prä­si­dent des säch­si­schen Land­tages. Er leitet abwech­selnd mit seinen Stellvertreter:innen, die Ple­nar­sit­zungen des Land­tages. Er ver­tritt das Par­la­ment nach außen und führt Wahlen und Abstim­mungen durch. 

Tagesordnung

Die Tages­ord­nung ist der “Zeitplan/​Ablaufplan” einer Ple­nar­sit­zung. Auf der Tages­ord­nung stehen die ver­schie­denen Anträge, Beschlüsse und Geset­zes­be­schlüsse nume­risch.
Der Tages­ord­nung nach werden diese nach­ein­ander ver­han­delt und dis­ku­tiert. Eine Tages­ord­nung kann unter­schied­lich lang sein, dies kommt immer sehr auf die aktu­ellen Themen der Regie­rung und Oppo­si­tion an.

Wahlvorschlag

Ein Wahl­vor­schlag ist der Vor­schlag einer Frak­tion zur Ernen­nung eines Abge­ord­neten für einen Aus­schuss, nachdem ein anderer Abge­ord­neter der Frak­tion aus diesem Aus­schuss zurück­ge­treten ist. Nicht für jeden Aus­schuss des Land­tages müssen die Abge­ord­neten im Plenum ernannt und gewählt werden. Dies ist nur in dem par­la­men­ta­ri­schen Unter­su­chungs­aus­schuss und dem 1. Unter­su­chungs­aus­schuss not­wendig.

Aktuelle Debatte

Eine aktu­elle Debatte kann von jeder Frak­tion bean­tragt werden. Meist werden diese genutzt, um auf aktu­elle Themen und Pro­bleme auf­merksam zu machen und den eigenen Stand­punkt zu ver­mit­teln. Bei aktu­ellen Debatten kann es auch dazu kommen, dass eine Frak­tion der regie­renden Par­teien dem Stand­punkt einer Oppo­si­ti­ons­frak­tion zustimmt.

Kurzintervention

Die Kurz­in­ter­ven­tion beschreibt die Reak­tion eines Abge­ord­neten auf die vor­he­rige Rede.