„Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht.“ Otto Wels

22. März 2023

Vor 90 Jahren am 23. März hat der Reichstag gegen die Stimmen der SPD und unter Aus­schluss der KPD mit den Stimmen der Nazis, der Kon­ser­va­tiven und der Libe­ralen Hit­lers „Gesetz zur Behe­bung der Not von Volk und Reich“ beschlossen. Dieses Gesetz ging in die Geschichts­bü­cher jedoch als „Ermäch­ti­gungs­ge­setz“ ein, denn es hob die für die Demo­kratie so wich­tige Gewal­ten­tei­lung auf und gab der Reichs­re­gie­rung umfas­sende Hand­lungs­voll­machten. Außerdem konnten damit die freie Mei­nungs­äu­ße­rung abge­schafft und will­kür­liche Ver­haf­tungen legi­ti­miert werden.

Die Pres­se­frei­heit, Ver­samm­lungs- und Ver­ei­ni­gungs­frei­heit waren zu diesem Zeit­punkt schon sehr ein­ge­schränkt. Viele Abge­ord­nete, die gegen dieses Gesetz stimmen wollten, wurden bereits im Vor­feld ver­haftet oder mit Gewalt daran gehin­dert. Vor diesem Hin­ter­grund ist es beacht­lich, dass trotz mas­siver Dro­hungen die SPD-Frak­tion geschlossen gegen das Gesetz stimmte. Der Par­tei­vor­sit­zende Otto Wels hatte erkannt, welche tief­grei­fenden recht­li­chen Ein­schrän­kungen das Gesetz zur Folge haben wird und brachte dies in seiner Rede auf den Punkt:

„Wir deut­schen Sozi­al­de­mo­kraten bekennen uns in dieser geschicht­li­chen Stunde fei­er­lich zu den Grund­sätzen der Mensch­lich­keit und der Gerech­tig­keit, der Frei­heit und des Sozia­lismus… Noch nie­mals, seit es einen Deut­schen Reichstag gibt, ist die Kon­trolle der öffent­li­chen Ange­le­gen­heiten durch die gewählten Ver­treter des Volkes in sol­chem Maße aus­ge­schaltet worden, wie es jetzt geschieht und wie es durch das neue Ermäch­ti­gungs­ge­setz noch mehr geschehen soll.”

Seine Rede ging als die „letzte freie Rede“ für die dar­auf­fol­genden 12 Jahre in die Geschichte ein. Den­noch wurde das Gesetz ver­ab­schiedet. Damit war das deut­sche Par­la­ment ent­machtet und der ent­schei­dende Schritt zur end­gül­tigen Macht­über­nahme Hit­lers und zur Eta­blie­rung der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Dik­tatur getan. Am 22. Juni 1933 folgte das Verbot der SPD als „volks- und staats­feind­liche Orga­ni­sa­tion“. 

Kein Fuß­breit dem Faschismus!

„Der 23. März 1933 ist für uns demo­kra­ti­sche Par­la­men­ta­rie­rinnen und Par­la­men­ta­rier ein Datum der Ver­ant­wor­tung und des Respekts. Es ist unsere Auf­gabe, dieses dunklen Tages der deut­schen Geschichte nicht nur zu erin­nern. Er ist uns eine Ver­pflich­tung: Nie wieder darf es dazu kommen, dass sich die Ver­tre­tung des Volkes unter höh­ni­schem Gegröle der Gegner der Demo­kratie selbst abschafft. 

Mutige Poli­tiker wie Otto Wels sind uns immer ein Vor­bild. Er gibt uns, stell­ver­tre­tend für die vielen tau­send poli­ti­schen Opfer der Nazis, den Auf­trag, sich zu jeder Zeit und zu jedem Anlass den Anti­de­mo­kraten, den Nazis, den Ras­sisten, den Men­schen­feinden ent­schieden ent­ge­gen­zu­stellen.

Vor 90 Jahren haben sich Sozi­al­de­mo­kra­tinnen und Sozi­al­de­mo­kraten nicht durch Nazis ein­schüch­tern lassen – und auch heute gilt für uns: Kein Fuß­breit dem Faschismus!”

Dirk Panter, Frak­ti­ons­vor­sit­zender